Memling als Bildnissmaler.
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Vermuthung über die Herkunft und Stiftung dieses NVerkes bei
Crowe und Cavalcaselle, ed. A. Springer. S. 293 u. 294.]
Eine wahre Perle miniaturartig feiner Ausführung und jugend-
licher Frische der Empfindung ist eine kleine Tafel in der Ambraser
Sammlung zu Wienl), offenbar der Flügel eines Triptychons, auf der
Rückseite die Gestalt der h. Genoyeva, grau in grau, vorne die Dar-
stellung des Sündenfalles. Der Körper Adams ist sehr genau aus-
gearbeitet mit sorgfältigen Reflexlichtern, Eva leichter gehalten, aber
mit lieblichstem Antlitz, in unverkennbarer Aehnlichkeit mit den
Frauen auf der Vermählung der hl. Katharina in Brügge. Satan, in
phantastischer Thierbildung aufrecht stehend und bunt schillernd,
hat einen sinnlich blickenden, aber nicht abschreckenden weiblichen
Kopf, dessen Haariiechten Hörner zu verdecken scheinen. Im Hinter-
gründe waldbenachsene Höhen, der jungfräuliche Boden des Para-
dieses durch genau ausgeführte Blumen und Gräser bedeckt. [Die
Urheberschaft Memlings ist nicht zweifellos]
Andere sehr reizende, miniaturartige Bilder, die man unserm
Meister zuschreiben darf, sind dann ein Triptychon im Beljjggglere zu
Wien, dort unter dem Namen des Hugo van der Goes, auf dem
Mittelbilde Maria mit dem Kinde nebst Engeln und dem Stifter, auf
den Flügeln diebeiiden-Älohannes, auf der Ausseuseite Adam und
Evai); in derselben Sammlung eine Kreuztragung und Auferstehung
Christiä); im Louvre "zwei einzeln stehende Heilige, Magdalena und
Johannes der Täufer, im Besitze des Bildhauers Gatteau in Paris
Madonna mit dem Kinde und weiblichen Heiligen in schöner Land-
schaft, im Besitze des Fürsten Radziwill zu Berlin eine Verkündigung
mit der Jahreszahl 14824), in den Uftizien zu Florenz eine reizen e
kleine Madonna zwischen zwei Engeln 5), in der Sammlung des Prinzen
Ein andres Bild der "Sieben Leiden der Maria" besass die Buchhandlergilde zu
Brügge bis zum Jahre 1624, wo sie es verkaufte. Es ist zwar nicht ausdrücklich
angegeben, dass es von Memling stammte; indessen wissen wir aus anderen Nach-
richten, dass er für diese Gilde arbeitete.
1) Waagen, Wien. Band II. S. 337, 338.
i) Saal II. der deutschen und niederländischen Schulen Nro. 6, 10, 61. Waagen,
Wien. Band I. S. 181, 189.
s) Saal I. Nro. 82. Waagen a. a. O. S. 17-1.
4) Waagen im Kunstbl. 1847. S. 186 und Förster, Geschichte der d. K. Il. 117_
ö) Scuola iiamminga tedesca I. Saal Nro. 703 S. 68 d. Kat. von 1869. Die
Herausgeber des Vasari vermuthen (I. 263) mit Recht, dass dies das "kleine Bild"
sei, dessen Vasari als im Auftrage der Portinari für S. Maria nnova. von Meister
Hans gemalt erwähnt. [VgL über eine dem Hugo v. d. Goes zugeschriebene Ma-
donna mit Heiligen oben S. 216, Anm. 2.]