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Die niederländische Malerei
des fünfzehnten Jahrhunderts.
Schlusse
auf die Verlobungsscene hinblickend, der andere, zwischen Barbara
und der Madonna knieend, hält dieser ein Buch mit goldnem Schnitte
entgegen, auf das ihr Auge andächtig gerichtet ist. Noch innerhalb
der Halle hinter den heiligen Frauen stehen dann die beiden Johannes,
zur Rechten der Jungfrau der Täufer, dieses Mal nicht wie gewöhnlich
das Lamm tragend, sondern von demselben begleitet, zur Linken der
Evangelist, den Becher mit dem in eine Schlange verwandelten Gifte
in der Hand haltend. Durch die Bogengänge der Halle blickt man
zu beiden Seiten des Thrones in eine köstliche Landschaft mit wal-
digen Bergen, sonnigen Ebenen, hellem, aus Felsen hervortretenden
Strome, einer Stadt mit einem römischen Amphitheater und endlich
mit Episoden aus der Geschichte hier des einen, dort des andern
Johannes 1). Landschaft und epische Darstellung setzen sich auf den
Seitentafeln fort, wo wir dann auf der einen Seite ganz oben im
fernenHintergrunde die Taufe Christi im Jordan, dann mehr im Vor-
grunde innerhalb einer städtischen Strasse das Festmahl im Schlosse
des Herodes mit Spielleuten und der tanzenden Tochter, und endlich
ganz vorne das hiartyrium des Heiligen erblicken. Das Blut spritzt
noch aus der Wunde und der Henker legt in Gegenwart verlegen
dreinschauender Hofleute das Haupt dem jungen Mädchen, welches
sein bleiches aber ausdrucksloses Gesicht leicht abwendet, auf die
hingehaltene Schüssel. In der Landschaft- der andern Seite sieht man
noch auf dem Hauptbilde die Marter des Evangelisten Johannes, der
in siedendem Oele betend steht und weiter unten den Kahn, der ihn
nach Pathmos führen soll, wo wir ihn dann auf der Seitentafel finden
und zwar in dem Augenblicke, wo sich ihm der Himmel öffnet und
die apokalyptische Vision zeigt. Der Apostel sitzt nämlich ganz unten
zur Rechten des Beschauers auf dem F elseneiland, das Buch auf dem
Schoosse, die Feder in der Hand, mit andächtigem Ausdrucke nach
oben schauend, während wir oben in der diagonal entgegengesetzten
Ecke in einer Glorie glänzenden Lichtes den Herrn sehen auf gothi-
schem Throne. An seine Kniee schmiegt sich das Lamm, rings um-
her die vier Symbole der Evangelisten, und endlich die Aeltesten in
weissen Kleidern mit Kronen auf den Häuptern und Harfen in
der Hand. Unter dem Regenbogen, der diese himmlische Er-
scheinung umgrenzt, sehen wir dann wieder die feste Erde, auf ihr
1) Die beigefügte kleine Zeichnung der Mitteltafel macht natürlich keine weiteren
Ansprüche, als die der Versinnlichung der Anordnung. Die ZCiChUIIIIg beiFörster
ist auf jeder Seite um die äussersten Heiler der Halle und also den Einblick in
die Landschaft verkürzt.