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Jahrhunderts.
Die niederländische Malerei am Schlusse des fünfzehnten
Für jenes grössere Werk bedurfte es weiterer Vorbereitung. Der
Gegenstand der Darstellung war anfangs noch ungewiss; es handelte
sich ohne Zweifel, wie es damals bei den Schildereien der Raths-
stuben Sitte war, um ein Beispiel strenger und unparteiischer Ge-
rechtigkeit, und man wünschte ein noch nicht angewandtes und eben
so pikantes Ereigniss, wie jene That des Grafen Herkenbald, welche
etwa zwanzig Jahre früher in der benachbarten Stadt Brüssel zu
gleichem Zwecke dargestellt war. Die Stadt wandte sich daher an
einen Professor der Universität, den Doctor der Theologie Johann
van Haecht, der auch wirklich einen passenden, aus alten Er-
zählungen entnommenen Stoff in Vorschlag brachte 1). Im Jahre 1470
wurden die Holztafeln, welche der Rath aus Antwerpen herbeigeschafft
hatte, in das Haus des Malers transportirt; er begab sich an die
Arbeit und wurde, nachdem dieselbe einigermaassen vorgeschritten
war, durch einen Besuch der Stadtbehörde erfreut, die zum Beweise
ihrer Zufriedenheit ihm sowohl, wie dem Gelehrten, der den Gegen-
stand ermittelt hatte, ein ansehnliches Geschenk in Wein verehrte i).
Er arbeitete nun noch mehrere Jahre, wurde dabei aber vom Tode
überrascht, als erst eine der vier Tafeln völlig und die zweite bei-
nahe vollendet War. Seine Söhne, obgleich sie schon damals in den
Urkunden als „pictores ymaginum" Bildnissmaler (wahrscheinlich zum
Unterschiede von den gewöhnlichen Anstreichern und decorativen
Arbeitern) bezeichnet werden, waren ohne Zweifel noch zu jung, als
dass man den Auftrag auf sie übergehen lassen konnte. Es kam da-
her darauf an, da der Preis von 500 Kronen für die ganze Arbeit
bewilligt war, an der noch zwei Tafeln fehlten, die gelieferte Arbeit
zu schätzen, was denn, wie es in der städtischen Rechnung heisst,
durch einen der notabelsten Maler, den man hier im Lande finden
1) Meester Janne van Haecht, doctoir in der godheit, die der stadt de materie
gaff uut ouden zeesten die men scilden soude. S. d. Urkunde bei van Even
Thierry Bouts 1861 p. 21, 22, bei Crowe und Cavalcaselle franz. Uebers. II. p. 71.
2) Das schon erwähnte, jetzt im Besitze des Herrn van Hoorebeke beündliche
Manuscript des 17. Jahrh, weiches, wie es scheint, hauptsächlich aus städtischen
Rechnungen und Urkunden, allerdings nicht immer correct zusammengestellt ist,
giebt die Geschichte der Bestellung und des weiteren Hergangs im Ganzen, freilich
wieder mit der falschen Bezeichnung des Malers als Dirck Stuerbout. Vgl. die betr.
Stellen daraus nach der Mittheilung von L. de Bast im Messager des Scienees et
des arts (1833) I. p. 17 ü", bei Passavant Reise S. 386, bei Cßvßlßaselle u- a- ü- O-
Die Einzelheiten, welche Schayes im Bulletin de PAcadernie royale de Belgique
t. XIII. 26- partie, S. 334 ff. und van Even Thierry Bouts 1861 p. 20 ff. aus den
Originalrechnungen der Stadt mitgetheilt hat und die zum Theil im Texte erwähnt
sind, bestätigen aber und berichtigen jene Erzählung.