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des fünfzehnten Jahrhunderts.
Schlusse
Die niederländische BI-alerei am
Die zweite Kapelle der Bruderschaft des Sakraments war dem
h. Erasmus gewidmet und mit einem das Martyrium desselben dar-
stellenden Gemälde geschmückt, das auch heute noch in der Peters-
kirche, wiewohl in einer andern Kapelle, bewahrt wird. Quittungen
oder sonstige urkundliche Beweise, dass auch dies ein Werk des
Dierick Bouts sei, sind nicht ermittelt, wohl aber wird es schon von
einem Schriftsteller des 16. Jahrhunderts ilnn zugeschrieben 1), und
überdies lasst die Aehnlichkeit des Styls mit dem Abendmahlsaltare
darauf schliessen, dass beide aus derselben Werkstatt stammen. Auch
dies ist ein Flügelaltar, aber von sehr viel kleineren Dimensionen.
Auf der Mitteltafel ist der widerliche Gegenstand der Marter eines
Heiligen, dessen Gedärme ausgewunden werden, mit solcher Milde
behandelt, dass er fast alles Abschreckende verliert; kein Bluts-
tropfenfkeine Zuckung des Gemarterten ist sichtbar; die hagere,
aber wohlgebildete nackte Gestalt liegt ruhig da, der Richter und
seine Begleiter stehen in wohlgeordneter, ernster Gruppe, selbst die
Henker bewegen sich massig. Auch die Landschaft ist einfacher ge-
halten, als bei den Eyck's oder bei Roger, in gelblich grünem Tone,
von einem ruhigen Höhenzüge begrenzt. Die Carnatioil ist bleich,
die Farbe überhaupt besonders zart und harmonisch. Von den
breit und 5 Fuss 9252011 hoch, jedes der Seitenbilder aber 2 F uss 21,5 Zoll breit
und 2 Fuss 9 Zoll hoch, was bis auf eine kleine, durch die Verdoppelung der
Leisten völlig erklärbare Differenz genau entspricht. Die archivalischen Forschun-
gen, welche den Namen des Dierick Bouts ergeben, waren damals noch nicht ge-
macht; rnan suchte (laher den Namen des Meisters dieser Tafeln durch Vergleichung
mit anderen Werken zu errathen. Daher denn der gerade hier besonders grell
hervortretende Wechsel der Benennungen. Die Gebrüder Boisseree hatten die
beiden aus ihrer Sammlung in die Pinakothek gelangten Bilder auf den Namen
Memling's gekauft, Waagen entschied sich zuerst (in der Preuss. Staatszeitung
1836) für Roger van der Weyden, dann, da das Auffinden des Altars von Miraflores
dies nicht mehr gestattete, für J ustus von Gent, bis uns endlich die Archive von
Löwen eines Besseren belehrten. Diese verschiedenen Benennungen waren freilich
nicht willkürlich gewählt, sondern auf Vergleichungen gegründet. Indessen möchte
doch dieser Hergang dafür sprechen, sich solcher Hypothesen zu enthalten und
bilderlose Namen und namenlose Bilder als solche gelten zu lassen, bis eine glück-
lich aufgefundene Notiz die Wahrheit kennen lehrt.
1) Molanus in seinen bereits oben erwähnten Aufzeichnungen schreibt dem
Theodoricus ausdrücklich beide Altäre der Brüderschaft zu (Theodorici opus sunt
in ecclesia D. Petri duo altaria venerabilis sacramenti; quäle mlllillm 6x arte
commendantur). Nach der Redaction bei van Even, dietsche YVarande, scheint sich
dies. zwar auf den jüngeren Dietrich zu beziehen, indessen ist diese Redaction,
wie wir schon oben S. 219 Anm. 2 sahen, zweifelhaft und es genügt für unsern
Zweck, dass beide Altäre von demselben Dietrich herrühren.