Dierick Bouts.
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Wichtiger als diese beiden ist uns ein dritter in Harlem ge-
bürtiger Künstler, der, nachdem er zuerst" seine Kunst in seiner
Vaterstadt geübt, später in Löwen wohnte und so in die Entwickelung
der flandrischen Kunst eingriff. Carl van Mander nennt ihn Dirck
van Haerlem und bemerkt, dass 1nan in dieser Stadt noch das Haus
zeige, in dem er gewohnt habe, dass er aber später nach Löwen ver-
zogen sein werde; er folgert dies aus der Inschrift eines von ihm im
Besitze eines Kunstfreundes in Leyden gesehenen Bildes, welche dahin
lautete, dass Dirck, zu Harlem geboren, es im Jahre 1462 zu Löwen
gemalt habe. Von den früheren Schriftstellern des sechzehnten Jahr-
hunderts nennt Lemaire in dem bereits erwähnten Gedichte der
Couronne margaritique nur den Namen Dieric de Louvain, dies aber
an sehr ehrenvoller Stelle neben Hugo von Gent und „den1 roy des
peintres Johannes." Guicciardini (lagegen in der langen Liste bereits
verstorbener Meister spricht von zwei Malern gleichen Vornamens,
einem Dirick von Löwen, den er auszeichnend als den ersten unter
den "berühmten Verstorbenen" nennt, und einen Dirick van Harlem.
Ebenso Vasari, ohne Zweifel blos auf die Autorität Guicciartlinfs,
während unter (len ltlalerporträts, welche im Jahre 1572 in Antwerpen
mit Versen von Lampsoiiius erschienen, nur ein Dietrich von Harlem
vorkommt. Erst die archivalischen Forschungen der neueren Zeit
haben uns urkundliche Nachrichten über diesen Künstler gebracht
und ihn als den Urheber sehr ausgezeichneter, noch erhaltener Ge-
niälde erwiesenl). Diese Nachrichten beschränken sich zwar auf
S. 39 und besonders Krafft (Director der Galerie des Belvedere) im D. K. Bl.
1852 S. 442. Auf einem vor der Herausgabe des llIalerhuchs von van Mander,
etwa um 1600, erschienenen Kupferstiche des einen dieser Bilder lautet die In-
schrift: Gerardns Leydanus ad S. Joh. Bapt. I-Iarlemi pinxit; sie bestätigt also,
dass das Bild in der Johanniskirche zu Harlem stand und giebt die von van Mander
nicht erwähnte Nachricht, dass Gerhard in Leyden geboren war. Nur Michiels
a. a. O. III. 324 bezweifelt die Identität der Wiener Bilder mit den von van Mander
beschriebenen, aber ans sehr schwachen Gründen. Der stärkste derselben (dass
Yilll Münder Sie gross nenne, während die Wiener Tafeln klein seien) beruht auf
einem groben Irrthum, indem er das im Katalog angegebene Fnssmaass (Höhe
5 Fuss 6 Zoll, Breite 4 Fuss 5 Zoll) in Decimeter und (Zentimeter verwandelt,
und mithin einen Quadratinhalt erhält, der ungefähr ein Neuntel der wirklichen
Grögsß ist, [Auch des Geertgen erwähnt der Anonimo p. 77: Sonovi de Gerardo
de Olanda]
1) Die wichtigsten dieser arcliivalischen Nachrichten verdanken wir, nachdem
de Bast im Messager des Sciences et des arts I. p. 17 und Schayes im Bulletin
de liAcad. de Belgique t. 13 Einzelnes mitgetheilt, den unermüdlichen Forschungen
von van Even (Les artistcs de Photel de viile de Lonvain 1852, Nederlandsche
Konstenaars u. s. w., ein Aufsatz in der holländischen Zeitschrift: Dietsche War-