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Zeitgenossen.
Weydeu und seine iiandrischen
Roger van der
Anerkennung fand ein andres Bild, das Hugo in dem Hause des
Jakob Weytens zu Gent über dem Kamine gemalt hatte, David zu
Rosse, welchem Abigail in Begleitung ihrer Frauen nahet, wo das
ehrbar süsse Wesen dieser Frauen unserm Geschichtschreiber so
manierlich schien, dass man die Frauen dahin in die Schule schicken
könne. Lucas de Heere hatte es sogar in einem Sonett gefeiert.
Man erzählte, dass eine der Frauen das Bildniss reiner Tochter des
reichen Jakob Wüaytens gewesen, zu welcher Hugo eine stille Liebe
gehabt, so dass „Oupid0 in Gesellschaft seiner Mutter und der Gra-
zien ihm den Pinsel geführt" habe 1). Dies Gemälde indessen und
ebenso die anderen, welche van Mander beschreibt, sind nicht auf
uns gekommen, und wir besitzen nur noch ein beglaubigtes Werk
unseres Meisters, nämlich das, welches Vasari erwähnt, und das, bis
vor Kurzem in der Hospitalskirche S. Maria nucva zu Florenz, jetzt
im Museum des Spitals sich beiindete). Folco Portinari, der Vater
von Dantels Beatrice, hatte dies Hospital im Jahre 1285 gestiftet und
seine Nachkommen waren immer in Verbindung mit dieser Stiftung
geblieben. Einer derselben, Tornmaso Portinari, war in Brügge
etablirt und als Agent der Medici, wie durch eignen Reichthum eine
sehr angesehene Persönlichkeit. Philipp der Gute, dem er durch
seinen Credit in Geldgeschäften wesentliche Dienste geleistet, hatte
ihm den Titel eines Raths gegeben, und bei der feierlichen Einholung
der Gemahlin Karl's des Kühnen durch die verschiedenen Corpora-
tionen von Brügge ritt er im festlichen Anzüge an der Spitze der
"vtlorentinischen Nation." Es ist möglich, dass er bei diesem Feste Hugo,
der, wie erwähnt, dabei beschäftigt war, kennen lernte und ihm die
Anfertigung des Gemäldes, durch welches er jene Familienstiftung
zu schmücken beabsichtigte, übertrug. Das Bild ist von ziemlich be-
deutender Grösse (8 F uss 6 Zoll hoch, die mittlere Tafel 10 Fuss
9 Zoll breit) und enthält gegen die Sitte der flandrischen Schule fast
i) Crowe und Oavalcaselle a. a. 0. (p. 129) bringen diese Liebe in Verbindung
mit dem Eintritt Hugds in das Kloster und A. Michiels Bd. III. S. 340-346 er-
zählt die tragische Geschichte beider Liebenden ausführlich. Er bemerkt indessen
ausdrücklich, dass der Verfasser der eben gedachten Klosterchronik, obgleich er
ein vertrauter Freund Hugo's gewesen zu sein scheine, nichts davon andßllte.
2) Vasari nennt, wie gesagt, den Urheber des Bildes: Hugo von Antwerpen,
und dies ist wohl die Ursache, dass van Mander in dieser Mittheilung seines
kunsthistorischen Vorgängers den Hugo von Brügge, von dem er Nachrichten und
Bilder vorfand, nicht wieder erkannte und daher die Nachricht nicht benutzte.
Für uns, die wir aus den Urkunden von Antwerpen wissen, dass daselbst kein
Hugo vorkommt, unterliegt die Identität keinem Zweifel.