VäIl
Hugo
Goes.
der
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Was aus diesem bedeutenden Künstler weiterhin geworden, wissen
wir nicht und vermögen nicht Werke nachzuweisen, welche diesem
einzigen, uns bekannten Bilde gleichen
Im Klostergange von S. Maria del Castello zu LGenua befindet
sich ein Wandgemälde der Verkündigung mit lebensgrossen Figuren
und mit der Inschrift: J ustus d'Allamagna pinxit 1451. Der Zusatz
(PAlIamagna würde kein Hinderniss sein, an Justus von Gent zu
denken. Die Niederlande gehörten grösstentheils zum deutschen
Reiche, und die Bewohner von Flandern sprachen einen deutschen
Dialekt. Wir finden sie daher nicht selten in Italien als Deutsche
bezeichnet, und auch Justus von Gent könnte am Anfange seines
Aufenthalts so genannt worden sein. Allein das Bild selbst giebt sich
als das Werk eines andern Künstlers zu erkennen. Zwar deutet die
Composition, das perspectivische Zimmer mit Messinggerath und
Waschbecken und mit dem Blick durch das Fenster in die land-
schaftliche Ferne, auf eine Kenntniss der Eyck'schen Schule. Aber
die Ausführung in Temperafarben würde bei einem Maler, der die
Praxis der Oelmalerei mitbrachte, rathselhaft sein und die feinen
zarten Züge der Jungfrau, sowie manche andere Eigenthümlichkeiten
der Zeichnung lassen eher auf rheinische oder oberdeutsche, bereits
durch italienische Eindrücke bedingte Schule schliessenä).
Endlich ist hier noch von Hugo van der Goes zu sprechen,
den van Mander ausdrücklich als einen der wenigen Schüler Jan's van
Eyck bezeichnet und ihm eine ausführliche Biographie widmet. Vasari
und Guicciardini nennen ihn Hugo von Antwerpeng), van Mander und
1) Waagen (Kunsthlatt 1847 S. 178 ff.) schrieb wegen vermeintlicher Ueber-
einstimmung mit dem Bilde von Urbino dem Justus von Gent eine Reihe von
Bildern zu, von denen die meisten und entscheidenden später als Werke des Dierick
Bouts von Löwen urkundlich erwiesen sind. Das war ein Irrthum, der auch von
Waagen selbst anerkannt ist, aber ein sehr verzeihlicher. Es gab bei dem da-
maligen Stande der Wissenschaft kaum ein andres Mittel des Fortschrittes, als
dass sachkundige Augen die gleichartigen, derselben Hand gehörigen Gemälde
herauszufinden und diese Gruppen den überlieferten Namen anzupassen suchten.
Erst die neuerlich erlangte Fülle archivalischer Nachrichten macht ein andres
Verfahren möglich und nöthig. Wenn daher Herr A. Michiels (III. 158-160) bei
dieser Gelegenheit eine lange Philippica gegen Waagen loslässt, und ihn beschul-
digt: d'accumuler sans {in et sans mesure dünvraisemblables hypotheses so ist
das nicht nur ungerecht, sondern wahrhaft komisch. Quis tulerit Gracchos de sedi-
tione querentes!
2) Abbildung in E. Försters Denkmale der Malerei und Bildnerei Band VI,
zu S. 7.
S) Vasari erwähnt seiner unter diesem Namen schon in der ersten Auiiage
(1550) und zwar mit Hinweisung auf sein in S. Maria nuova in Florenz befindliches