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der Weyden
Roger van
seine üandrischen Zeitgenossen.
und
Endlich besitzt auch das Museum zu Madrid!) vier zusammen-
gehörige kleine Tafeln, wiederum ohne Bezeichnung, aber einstimmig
unserm Meister zugeschrieben. Sie enthalten die Verkündigung, die
Heimsuchung, die Geburt Christi und die Anbetung der Könige und
haben die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, dass hier, wie auf
mehreren Bildern Bogens, jede Darstellung von einem gothischen
Portale umschlossen ist, welches je zwei Statuen der Apostel und in
der Laibung bezügliche Gruppen zeigt, und zwar bei der Verkün-
digung von der Erschaffung der Eva bis zum Tode Abels, bei den
beiden folgenden Bildern aus der Passionsgeschichte bis zur Auf-
erstehung; bei der Anbetung der Könige von der Erscheinung des
Auferstandenen bei seiner Mutter bis zur Ausgiessung des heiligen
Geistes. Es ist ein feiner Parallelismus mit vorzüglicher Beziehung
auf die Jungfrau 2). [Das StädePsche Institut zu Frankfurt hat vor
Kurzem ein sehr interessantes kleines Bild erworben, St. Hieronymus
in der Einöde vor denrCrucifix betend. Dasselbe wurde von Dr.
W. Schmidt, A. A. Ztg. 1875 Beilage, dem Jan van Eyck zugeschrieben,
dürfte jedoch ein Meisterwerk des Petrus Cristus sein]
Wir erkennen aus diesen Bildern einen zwar künstlerisch minder
begabten, aber fleissigen und verständigen Zeitgenossen Bogens, der
mit ihm im Gegensatze gegen die weiche mystische Richtung der
Eycks die Neigung zu ernsten, ergreifenden Stoffen theilte.
Ein andrer Zeitgenosse Rogers ist Gerhard van der Meire.
Van Mander erwähnt ihn nur oberflächlich mit mässigem Lobe als
einen, der „kurz nach Jan van Eyck" gelebt habe und schreibt ihm
eine Lucretia zu, die sich damals im Besitze eines holländischen
Kunstfreuntles befand, also einen Gegenstand, der nicht gerade auf
frühe ilandrische Schule deutet. Eine angeblich aus dem fünfzehnten
Jahrhundert stammende Handschrift im Privatbesitze 3) nennt ihn da-
(lauern, (lass auch hier der Gegenstand des Mittelbildes zweier so anspruchsvoller
Flügel nicht bekannt ist.
1) Nro. 454. Vgl. Passavant, Spanien S. 129, Waagen bei v. Zahn a. a. 0.
S. 47, Crowe und Cavalcaselle (Anciens peintres S. 118) [und deutsche Ausgabe
S. 150. Vgl. daselbst auch über mehrere andere Bilder, z. B. über das Bildniss
des Marco Barbarigo in der Nationalgalerie zu London, von den Verfassern ohne
ausreichende Begründung dem Cristus zugeschrieben]
2) Das weibliche Bildniss (angeblich einer Nichte Talbotis) im Berliner Museum
Nro. 532 in bleichemv, mildem Kolorit und mit sanftem Ausdrucke, ist, wenn über-
haupt von unserm Meister, nicht charakteristisch für ihn.
3) Passavant Kunstreise S. 379 und 381. Messager des sciences et des arts
1824 S. 132. Das "Manuscript war damals im Besitze eines Herrn J. B. Delbecq
zu Gent.