Carl Schnaasds Biographie.
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bliebe, auch würde ich nie nach Halle gehen, dessen roher burschi-
koser Ton mir sehr yerhasst ist."
Im Frühling 1817 verliess Schnaase die Universität Berlin, um
nach Heidelberg zu gehen, und gelangte nun erst zu der Reife, die
ihn fähig machte, aus eigenem Antrieb und Entschluss seinen Weg
zu suchen, und die tieferen Bedürfnisse seines Wesens zu erkennen.
„Erst in Heidelberg", sagt er selbst, "glaubte ich zu bemerken, dass
ich wenig für eine praktische Laufbahn, mehr für theoretische Studien
geeignet sei. Der naheliegende Gedanke, mich dem juristischen
Lehrfache zu widmen, wurde jedoch durch den abmahnenden Rath
eines berühmten Heidelberger Rechtslehrers (Thibaut) wankend gemacht,
und bald durch die mächtig anziehende Kraft, welche Hegels philo-
sophische Lehren auch auf mich ausübten, in den Hintergrund
gedrängt."
Von Ladenberg, der schon ein Semester in Heidelberg studirt
hatte, in Darmstadt empfangen, zog Schnaase Ende April mit ihm zu
Pferde in die Musenstadt ein, die ihn beim ersten Anblick eigentlich
enttäuschte. Seine Wohnung am Fusse des Schlossberges, von einem
Garten umgeben, der ihn an den elterlichen in Danzig erinnerte, bot
die herrlichste Aussicht; schon nach wenigen Tagen hatte der Zauber
der Gegend ihn gefangen, so dass er der Mutter schrieb: „Die Be-
schreibung von Heidelberg, welche ich Dir bei meiner Ankunft ent-
worfen, muss ziemlich trübe ausgefallen sein, so wie auch die ersten
Tage hier wirklich waren. Jetzt bin ich schon bei weitem mehr mit
dem Aufenthalte zufrieden, die Gegend ist reizend, und bei den schönen
Maitagen, die Alles in schnelle Blüthe gesetzt haben, gewähren die
Spaziergange auf die Berge und im Thal, den Neckar entlang, unge-
mein viel Genuss. Ich lebe sehr still und bin ein fieissiger akade-
mischer Bürger. Um fünf, halb sechs, steht man auf, arbeitet bis
sieben; mit Collegien und einer Fechtstunde, die dazwischen fallt,
wird es zwölf. Dann geht es zu Tische, man isst so viel wie möglich,
geht dann eine halbe Stunde bald auf der Brücke, bald in der Stadt
herum. Nachmittags habe ich noch ein Collegium, die übrige Zeit
wird gearbeitet, und um sieben Uhr mache ich noch einen Spazier-
gang in eines der nächsten Dörfer oder auf's Schloss, lege mich um