Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Weyden 
Roger van der 
und seine 
flandrischen Zeitgenossen. 
Der Ruhm Rogers war schon bei seinem Leben im ganzen 
Abendlande verbreitet und seine Werkstätte, wie sich aus später an- 
zuführenden Beispielen ergeben wird, eine sehr gesuchte. Die Zahl 
der aus ihr bei einer etwa dreissigjährigen Thätigkeit (1434-1464) 
hervorgegangenen Werke muss daher höchst bedeutend gewesen sein 
und es ist sehr glaublich, dass unter den noch vorhandenen, seinem 
Style ähnlichen {iandrischen Bildern neben den Arbeiten seiner Nach- 
ahmer auch noch einige, von seiner Hand herrührende sich befinden 
werden 1). Da sie indessen nur durch ihre Aehnlichkeit mit den bis- 
her erwähnten Gemälden zu ermitteln wären, brauche ich nicht weiter 
auf sie einzugehen 2). Ohne Zweifel ist aber auch die Zahl der unter- 
gegangenen sehr gross und es ist nützlich, einen Blick auf die uns 
darüber erhaltenen Nachrichten zu werfen, um so unsre Anschauung 
über die Wirksamkeit und Richtung unsres Meisters zu vervoll- 
ständigen. Da ist denn zuerst an die berühmtesten von allen, an die 
Wappen der Familie Braque in der Normandie ein' grosses hölzernes Kreuz mit 
einer tief klagenden Stelle aus Jesus Sirach(Ecc1es. XLI, 1) über die Vergänglich- 
keit irdischen Reichthums: O Mors quam amara est memoria tua homini injusto 
etapacem habenti in substantiis suis etc, und demnächst unter dem Wappen Todten- 
gebeine mit der Umschrift: 
Mirez vous ci orgueilleuz et avers Mon corps fut beaux or est viande aux 
vers. Es war also ein über einem Grabe aufgestelltes Bild, in welchem der Ver- 
storbene (oder für ihn der Verfasser der Inschrift) seinen Tod zu einer Warnung 
gegen Hoehmuth und Eitelkeit gebraucht. 
1) [Hier wäre vor Allem noch der Kreuzahnahme in den Ufiizien zu Florenz 
Nr. 795, eines bezeichnenden ernsten Werkes zu gedenken. Es ist dies vielleicht 
das Mittelbild des unten erwähnten Triptychons, welches Cyriacus von Ancona im 
J. 1449 beim Herzog von Ferrara sah] 
2) Waagen im I-Iandbuche I. p. 110 nennt ausser den von mir angeführten nur 
noch als Werke des älteren Roger die drei fast lebensgrossen, aus dem Kloster 
Flemalle stammenden Figuren im Staerlelschen Institute Nr. 72-74, welche Passa- 
vant (in v. Quast Zeitschrift a. a. O. S. 127) seinem Roger (d. h. dem jüngeren) 
beilegt. Auch nach meiner Meinung können sie nicht unserm Meister angehören, 
sondern erst lange nach seinem Tode entstanden sein. Sie zeigen ganz andere 
Motive und einen ganz andern Faltenwurf. Dagegen mögen die mir unbekannten, 
in England befindlichen Bilder, welche Waagen daselbst S. 129 dem jüngeren zu- 
schreibt, so wie mehrere aus dem angeführten Verzeichnisse Passavanüs diesem 
unserm einzigen wahren Roger zufallen. Das von Passavant a. a. O. S. 16 an- 
geführte Bild der Vermählung Mariae, welches jetzt in der verschlossenen Tauf- 
kapelle des Doms zu_ Antwerpen bewahrt wird, ist nur die Arbeit eines späteren 
Nachahmers. Auch Facius erwähnt noch eines Werkes in den Niederlanden: 
Bursellae  „aedem sacram pinxit absolutissimi operis." Da 11119 übe!" keill kirch- 
liches Wandgemälde genannt ist, dessen Ruhm gross genug war, um nach Italien 
zu dringen, so wird es wahrscheinlich nnr ein missverstandener Bericht über die 
Rathhausgemälde sein, der dem üüchtigen Italiener vorschwebte.
	        
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