Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Der 
Middelburger Altar zu Berlin. 
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Belebung der Handlung mehr auffällt, als bei streng symmetrischen 
Figuren. 
Ungefähr gleiche Eigenschaften und gleichen Werth hat ein 
Flügelaltar des Berliner Museums (nro. 535), welcher aus der Kirche 
der Stadt Middelburg stammt und von dem Gründer derselben, dem 
reichen Peter Bladelin, Schatzmeister Philipp des Guten, gestiftet ist. 
Er begann das schwierige Unternehmen, eine Stadt auf dem bisher 
wüsten Boden zu bauen, schon 1444, schritt aber langsam vorwärts, 
so dass er erst im Jahre 1464 sich das Marktrecht für sie erbatl). 
Eine bestimmte Nachricht über den Künstler, dem er die Anfertigung 
des Bildes übertrug,_ haben wir nicht, aber der Styl entspricht dem 
Rogers vollständig. Das Mittelbild (Fig. 10) zeigt die Anbetung des 
neugeborenen Christkindes in einer für die niederländische Kunst 
ungewöhnlichen, an italienische Darstellungen erinnernden Weise. 
Wir befinden uns in dem Stalle zu Bethlehem, worin Ochs und Esel 
nicht fehlen. Hier liegt das sehr kümmerlich gebildete Kind am 
Boden, von seiner Mutter und drei Engeln knieend verehrt. Rechts 
St. Soseph, links der kniende Stifter Bladelin. In1 Hintergründe die 
Stadt Bethlehem und auf der andern Seite die Verkündigung an die 
Hirten. Auch die Flügelbilder sind ungewöhnlich. Auf dem einen 
sehen wir die drei Magier, die Könige des Orients, welche ihre 
Kronen auf den Boden gelegt haben und knieend das heilige Kind 
verehren, das ihnen als Stern am Himmel erscheint; auf dem andern 
schwingt der Kaiser Augustus, durch die neben ihm stehende Sibylle 
belehrt, das Rauchfass vor der in der Luft schwebenden Gestalt der 
Maria mit dem Kinde. Das Ganze gibt daher in sinnreicher Zu- 
sammenstellung den Gedanken der weltbeherrschenden und daher 
den Königen des Orients und Occidents verkündigten Macht des in 
jener Hütte geborenen Kindes. 
Ausser diesen bedeutenderen Bildern ist noch eine grosse Zahl 
erhalten, welche, ohne dass wir irgend welche Kenntniss ihrer Her- 
kunft und Geschichte haben, vermöge ihrer Uebereinstimmung mit 
den erwähnten Gemälden der Hand unsres Meisters zugeschrieben 
werden können?) Dahin gehören zunächst mehrere Darstellungen 
1) Nähere Nachrichten über diesen Hergang im Messager des sciences et des 
arts. Gand 1835 S. 383 ff.     
2) Die Benutzung der Verzeichnisse, welche Passavant in v. Quasüs Zeitschrift 
a_ a_ Q_ und Waagen in seinem Handbuche I. S. 106 und S. 128 geben, wird da- 
durch erschweit, dass sie einen älteren und einen jüngeren Roger annehmen und 
sich abmühen, die vorhandenen Bilder unter beide zu vertheilen, wobei sie dann 
(Passavant mit grösserer Consequenz, aber dadurch auch mit grösseren Verstössen
	        
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