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der Weyden und seine flandrischen Zeitgenossen.
Roger van
schaften mehr oder weniger theilen, annehmen, dass sie bald darauf ent-
standen sind. Dahin gehört zuerst das berühmte Bild des hl. Lucas, der
die mit dem Kinde an der Brust ihm sitzende Jungfrau Maria malt,
welches die Boisserees in Brüssel gekauft haben, wo es ohne Zweifel
eine der Walergilde gehörige Kapelle zierte, und das mit ihrer Samm-
lung in die Münchener Pinakothek übergegangen ist 1). Die Madonna
mit ihrer bauschigen Gewandung und das dürftig geformte Kind
[auffallend ist eine wohl erst später entstandene Aenderung in der
Zeichnung des rechten Aermchens des Kindes] sind zwar keineswegs
schön, aber der heilige Maler ist von sehr anziehenden, individuellen
Zügen, die Landschaft, zu der man durch die Arcaden der Halle
durchblickt, sehr reizend, die Farbe warm und harmonisch. Noch
bedeutender ist das derselben Sammlung angehörige, aus der Kirche
St. Columba in Köln stammende Triptychon mit der Anbetung der
Könige im Mittelbilde und der Verkündigung und Präsentation im
Tempel auf den Flügeln?) Die Hauptscene ist in ein verfallenes,
rundbogiges Gebäude verlegt, neben dem man auf beiden Seiten eine
Stadt mit vielen Häusern, Kirchen, Thürmen und belebten Strassen
sieht. Maria im Vorgrunde sitzend hat den Typus der Madonna auf
dem Mediceerbilde, ein volles Gesicht mit spitzem Kinne, Joseph
ist, wie auf dem Altar von Miraüores, ein demüthiger, abgelebter
Greis, die drei Könige in phantastisch prachtvollen Gewändern sind
Porträts, darunter der knieende König das Philipps des Guten, und
der letzte rechts das Karls des Kühnen. Auf den Flügeln geht die
Verkündigung in einem Zimmer mit reichem Bette, die Präsentation
in einer romanischen Kirche vor sich, in der ausser den handelnden
Personen im Hintergründe verstümmelte Bettler und Betende an-
gebracht sind. Die Composition ist anmuthig bewegt, die einzelnen
Figuren zeigen lebendige und naive Motive, aber die Haltung der
Figuren ist noch etwas steif und schüchtern, was bei der höheren
1) Dürer (Reliquien S. 90) notirt bei seinem Aufenthalte in Brüssel „2 Stüber
geben von Sanct Lucas Tafel aufzusperren." Er nennt weder den Ort, wo die-
selbe befindlich gewesen, noch den Meister, indessen ist es nicht unwahrscheinlich,
dass von dieser Tafel die Rede ist. Das Bild muss sehr beliebt gewesen sein, da
sich viele Copieen desselben iinden, so in Madrid (Passavant Spanien S. 134), in
der Eremitage in Petersburg und in Wien (Waagen, Eremitage S. 117).
2) Beide Bilder im III. Kabinet nro. 634 und 627-29. Abbildungen beider
unter den Lithographieen der Boissereeschen Sammlung von Strixner, noch mit
dem Namen des Johann van Eyck. Maasse des Lucas 4M 4" h. 3' 51l2" br., das
Triptychon: 4' h., das Mittelbild 4' 10", jeder Flügel 2' 3" breit. Eine Abbildung
des Triptychon auch bei E. Förster, Denkmale Band II.