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der
Roger van
Zeitgenossen.
Weyden und seine fiandrischen
wo er daselbst einzog, gefertigt ist1). Das Ganze besteht aus drei
Tafeln, von denen die mittlere, bedeutend grössere (3' br. 6' 6" hoch),
das Mittelschiff, die beiden anderen (2' br. 3' 9" hoch) je eines der
Seitenschiffe einer stattlichen gothisehen Kirche enthalten, in welcher
die Sakramente verwaltet werden. Sechs derselben sind auf den
Flügeln dargestellt und zwar so, dass sie in flachen Seitenkapellen
vorgenommen werden, auf der einen Seite Taufe, Firmelung, Beichte,
auf der andern Priesterweihe, Trauung, letzte Oelung. Das Mittel-
schiff des Domes und also die mittlere Tafel ist ausschliesslich der
Verherrlichung des vornehmsten der Sakramente, der Eucharistie,
gewidmet," die wir nun aber hier in zwiefacher Gestalt sehen. Hinten
an einem Altare, der dem Lettner eingebaut ist, erblicken wir nämlich
den Priester, der mit beiden Händen die Monstranz emporhebt, also
iin wichtigsten Momente der Messe, wo das vollbrachte Wunder der
Wandelung gefeiert wird. Vorn dagegen ist das Opfer, dessen un-
blutige Wiederholung das Sakrament bildet, uns in seiner Wirklich-
keit vor Augen gestellt. Wir sehen, obgleich innerhalb der Kirche,
das hoch hinaufragende Kreuz mit dem menschlichen Körper des
sterbenden Erlösers und neben demselben einerseits die hinsinkende
Maria, von Johannes und einer Begleiterin unterstützt, andrerseits
zwei knieende Frauen, die eine dicht neben dem Kreuze, die andere
in einiger Entfernung. Die Seitenschiffe sind höchst belebt; wir sehen
nicht bloss die Verwaltung der Sakramente, sondern auch die durch
dieselben vermittelte Einwirkung der Kirche auf das bürgerliche
Leben der Christenheit. Züchtige Frauen und ehrbahre Männer um-
stehen als Zeugen das Taufbecken; Knaben mit der Binde um die
Stirn entfernen sich in andächtiger Haltung von dem Bischöfe, der
die Firmelung vollzieht. Besonders anmuthig ist die Trauung des
ehrenvesten Bürgers mit der verschämten Jungfrau. Bei der letzten
Oelung ist das Sterbeziinmer in die Kirche aufgenommen, der Priester
steht am Bette des Sterbenden, zu dessen Füssen eine Frau sitzend
aus geöffnetem Buche liest. Auch sonst fehlt es nicht an lebens-
vollen Episoden, an betenden oder wandelnden Kirchenbesuchern, an
Bettlern u. s. f. Im Mittelschiffe dagegen ist heiligeStille, wir sehen
nur den Priester und die handelnden Personen jenes grossen tragischen
Momentes, der uns durch das Sakrament vor Augen gestellt ist.
Und in diesen erkennen wir dann die uns wohlbekannten Gestalten,
welche wir in anderer Handlung und Stellung auf jener Kreulabnahme
genaue Auskunft in dem Kataloge
und von 1874 S. 438 ü".
1) Vgl. die
von 1857 S. 35
des Museums
Antwerpen
VOI1