Der
Berlin.
Altar von lVüraflores in
175
und berühmten iiandrischen Meister Roger gemalt sei und drei Ge-
schichten enthalte, die Geburt Christi, die Kreuzabnahme, und sein
Erscheinen bei seiner Mutter nach der Auferstehungl). Noch in den
Jahren 1783 und 1800 wurde dieses Altarchen von Reisenden in
jenem Kloster gesehen, seitdem ist es von dort verschwunden und
befindet sich, wie wir mit Sicherheit annehmen dürfen, im Museum
zu Berlin. Nicht nur die Gegenstände, sondern auch gewisse Eigen-
thümlichkeiten der Darstellung, welche der Reisende Ponz in Mira-
ilores wahrnahm und beschrieb, stimmen überein, auch soll das Bild
nach der französichen Invasion von Spanien hergekommen seinß).
Das Ganze besteht aus drei Tafeln gleicher Grösse, jede 2 Fuss
81], Zoll hoch und 1 Fuss 4112 Zoll breit, welche und zwar immer
innerhalb eines steinfarbig gemalten gothischen, mit Statuen und
kleinen Figurengruppenverzierten Portals die drei genannten Her-
gänge enthalten. Sie sind aber, wie sich bei näherer Prüfung er-
giebt, nicht in Beziehung auf Christus, sondern auf die Jungfrau
zusammengestellt. Oben in der Spitze des Portals schwebt überall
ein Engel mit Krone und Spruchband und zwar nicht in natürlicher
Farbe, sondern monochrom, Körper und Gewand gleich, auf den beiden
äusseren Bildern in blauer, auf dem mittleren in violetter Farbe,
jedes Mal mit einem lateinischen Spruche, der dieses Weib („mulier
haec") rühmt und ihr die Krone des Lebens zuspricht, zuerst wegen
ihrer Reinheit, dann wegen ihrer Treue im Schmerze, endlich wegen
ihrer siegreichen Beharrlichkeit. Das Ganze feiert also die Jungfrau,
als die in Freud und Leid bewahrte, und scheint in dem in der
1) Anno 1445 donavit praedictus rex (Don Juan) pretiosissimum et devotum
oratorium, tres historias habens: nativitatem seil. J esu Christi, descensionem ipsius
de cruce, et apparitionem ejusdem ad matrem post resurrectionem. Hoc oratorium
a. magistro Rogel magno et famoso Flandresco fuit depictum. Antonio Ponz, viage
de Espaüa, Madrid 1783 V01. XII. p. 57 und Antonio Conca, Descrizione ode-
porica della Spagna Parma 1793 I. p. 33. Dass Papst Martin V. (Jr 1431) diesen
Altar dem Könige geschenkt habe, was oft angeführt ist, um die frühe Berühmt-
heit Rogefs darzuthun, beruhet auf mündlicher Aeusserung der Mönche und ist
jetzt durch die Lebensverhältnisse Rogeris vollkommen widerlegt.
2) Waagen K. W. u. K. in England II. 233 sah es im Jahre 1835 in Eng-
land und erhielt wahrscheinliche und genaue Kunde über seine Geschichte. Die
ihm damals mitgetheilte Nachricht, dass es im Besitze Oarls V. als Reisealtärchen
gewesen sei, wird durch den Aufenthalt im Kloster von 1445 an widerlegt.
Später kam es in die Saimnlung des Königs der Niederlande und von da nach
Berlin. Vgl. darüber Passavant im Kunstblatt 1843 nro. 59 und Waagen im
D. Kunstbl. 1854 S. 57. Ungeachtet des in jener ersten Anzeige ausgesprochenen
begeisterten Lobes wollte Passavant später das Bild für eine Copie erklären, wozu
aber durchaus kein ausreichender Grund vorhanden ist.