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und seine fiandrischen Zeitgenossen.
der Weyden
Roger van
ernannt hatte. Die Geschichte dieses bedeutenden Künstlers, welche
wie die der Brüder van Eyck erst aus italienischen Quellen an van
Mander gelangt und durch diesen und durch die späteren auf seine
Angaben gegründeten Hypothesen eigenthümlich verwirrt und ver-
dunkelt war, ist erst in jüngster Zeit durch aufgefundene archivalische
Notizen bedeutend aufgeklärt und bedarf zu ihrem Verstandnisse
eines Rückblickes auf die bisherigen, in den meisten neueren Werken
vorgetragenen Meinungen.
Die Italiener, denen der Name Roger's ziemlich gleichzeitig mit
dem Johann's van Eyck durch die dorthin gelangten Bilder bekannt
wurde, legten sich das Verhältniss beider sehr einfach dahin zurecht,
dass sie Johann, den Erfinder der neuen Malweise, als den Meister,
Roger als seinen Schüler, und da Johann in Brügge lebte und lehrte,
als von daher stammend betrachteten. Sie nannten ihn also Ruggiero
da Bruggia, zuweilen aber-auch, da er, wie man wusste, in Brüssel
lebte, Ruggiero di Burselles 1).
Auch bei Vasari kommen beide Namen vor, indem er ihn zwar
in den schon in der ersten Auflage befindlichen Nachrichten über
die flandrische Schule nur als Ruggiero da Bruggia, in dem nach
den Mittheilungen des Lampsonius hinzugefügten Kapitel aber sehr
vollständig als Ruggiero van der Weyde di Bruselles benennt. In-
dessen scheint er sich der Identität beider Personen bewusst gewesen
zu sein, da er sie beide Male als den Lehrmeister des berühmten
Ausse oder Hans (Hans Memling) bezeichnet. Auch in den Nieder-
landen ist bis auf Carl van Mander nur von einem Maler dieses
Namens die Rede, den Albrecht Dürer in seinem Tagebuche bei Ge-
legenheit der Gemälde im Rathhause zu Brüssel und sonst schlecht-
weg den „gr0ssen Meister Rudier" nenntg). Erst van Mander, der
jene Hinweisung auf die Identität beider Personen bei Vasari nicht
1) Schon der erste Italiener, der von Roger spricht, Cyriacns von Ancona,
braucht beide Ortsbezeichnungen gleichzeitig; er nennt ihn in der Ueberschrift
Rugerius Brugiensis, im Texte aber Rugerius in Bursella. Facius, der ihm wie
dem Johannes pedantischer Weise den Beinamen Gallicus giebt, bezeichnet ihn
doch als: J oannis conterraneus, was nach italienischen Begriffen den Ursprung aus
derselben Stadt bedeutet, und zeigt dadurch, dass er ihn aus Brügge gebürtig hielt.
Bei dem Anonymus des Morelli kommen wieder beide Namen vor, ohne dass es
klar ist, ob er dabei an zwei verschiedene Personen gedacht hat (ed. Bassano 1800.
p. vs. 81).
2) Vasari I. 163. IV. 76. XIII. 148. Dürerls Reliquien S. 88 und S. 121.
Guicciardini (1567) u. Opmeer (Chronographus Tom. I. p. 406) bezeichnen Roger
van der Weyden von Brüssel als den der Zeit nach nächsten Nachfolger
der Eyck's.