neuen Kunstweise.
der
Anerkennung
Zeitgenössische
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trotz des grössten Fleisses, trotz der schärfsten, liebevollsten Be-
obachtung, von der seine Bilder Zeugniss geben, der Natur nicht
vollkommen genügen konnte 1). Aber ebenso gewiss ist es, dass diese
naturalistische Weise es war, welche seinen Ruhm begründete und
eine so gewaltige llfirkung hervorbrachte. Von ihr allein sprechen
die frühesten Berichterstatter, sie war. es, die man in den Kabinetten
der Kunstfreunde bewunderte. Den Zeitgenossen wurde dadurch eine
neue Welt erschlossen; an einzelnen heiteren Gestalten, an natura-
listischen Anklängen hatten sie sich schon früher in den Miniaturen
erfreut, aber der volle Reichthum der Schöpfung, die Gediegenheit
der Dinge und die grosse Einheit der Natur wurden ihnen erst jetzt,
erst durch diese Kunst offenbar. Es war damit eine neue Bahn er-
öffnet und eine Richtung begründet, von der man erst im Anfange
des sechzehnten Jahrhunderts abwich. Wir besitzen eine poetische
Aeusserung, welche sehr deutlich ausspricht, was man damals von der
Kunst forderte. Es ist die Grabschrift, welche für den Simon War-
inion, einen damals hochgeschätzten Maler zu Valenciennes (1- 1489)
von einem gelehrten Landsmanne verfasst wurdeß). Er lässt in dem
ziemlich umfangreichen-und schwülstigen Gedichte den Maler selbst
seine Werke schildern, und dabei unter Anderm sagen:
Ciel, soleil, feu, air, mer, terre visible,
Mätaulx, bestiaux, habits rouges, bruns,.verts,
Bois, bled, champ, pretz, toute chose sensible,
Par art fabrique ai atteint {es possible,
Autant ou plus que nuls des plus experts, etc.
Der Poet ist vom Reime geleitet und nennt nur, was in sein
Versmaass passt, aber dennoch giebt uns seine Schilderung den Ein-
druck der reichen Mannigfaltigkeit, die in den ilandrischen Bildern
herrscht und hebt in der That die meisten der Dinge heraus, welche
darin hervorleuchten und das Auge fesseln. Allerdings macht diese
Aufzählung den Eindruck des Unruhigen und Haltungslosen, allein
(lieser wird im Bilde durch einen andern Vorzug der Eyclischen
Kunst gehoben, den unser Poet dann auch sogleich (immer wieder
durch den Mund des Malers) berührt:
1) Es findet sich nicht bloss auf Madonnenbildern (in Jnce Hall und in Ant-
werpen) sondern auch bei blossen Porträts (N0. 222 in der National-Galerie zu
London).
2) Vgl. sie bei de Laborde, Duos de Bourgogne, V01. II. pag. XXVIII. und
bei Michiels a. a. O. III. p. 431.