Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

Werke J ohann's. 
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nach der rechten Seite bis auf die Brust, links nur bis auf die Achsel 
her-abfällt. Seine Hände, von auffallend vollendeter Zeichnung, sind 
beide sichtbar, doch ist die linke durch die rechte, welche eine beschrie- 
bene Papierrolle hält, fast ganz bedeckt. Er hat blaue Augen und 
eine gesunde, röthlichbraune Gesichtsfarbe von kräftig verschmolzenem 
Auftrag. Der geistige Ausdruck ist ungemein wahr und wird durch 
die technischen Mittel, tief gesättigte Farben auf schwarzem Grunde, 
noch besonders gehoben] Dieselbe Sammlung besitzt in Nr. 222 ein 
anderes männliches Porträt von fast gleichen Vorzügen, wie das vorige, 
mit seinem Namen, Motto und dein Jahre 1433 bezeichnet und end- 
lich auch ein etwas grösseres, sehr merkwürdiges Bild vom Jahre 
1434. Es scheint eine Verlobung darzustellen, man sieht nämlich im 
Vorgrunde einen Mann und eine Frau 1), welche einander die rechte 
Hand reichen, zu ihren Füssen ein Pinscher, in einem wohnlich ein- 
gerichteten Zimmer, in dessen Hintergrund ausser einem halb geöff- 
neten Fenster ein Bett und ein von minutiös gemalten Bildchen um- 
rahmter Spiegel sich befinden, welcher letztere nicht bloss die beiden 
Figuren des Vorgrundes vom Rücken her, sondern auch den auf dem 
Bilde nicht sichtbaren Theil des Zimmers und in demselben eine 
geöffnete Thüre zeigt, durch welche zwei Personen hereinzutreten 
Scheinen. Das meisterlich mit der höchsten Liebe und Kunst ausgeführte 
Bild trägt über dein Spiegel an der Wand die auffallende Inschrift: 
Johannes de Eyck fuit hic und darunter die Jahreszahl 1434. Die 
Inventarien der Erzherzogin Margarethe von Oesterreich ergeben 
nicht bloss, dass das Bild im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts 
im Besitze dieser Prinzessin war, sondern nennen auch die darge- 
stellten Personen. Es war ein gewisser Johann Arnoliini, ein in 
Brügge etablirter Tuchhändler aus Lucca, der aber später herzog- 
licher Rath und Ritter wurde, nebst seiner Ehefrau; wahrscheinlich 
war Johann van Eyck mit ihm befreundet und Zeuge seiner Ver- 
lobung gewesen, wodurch sich die eigenthümliche Fassung der In- 
schrift erklären würdeß). 
1) [Sollten die Beiden nicht eher als schon verheirathet zu denken sein und 
die in dem Gemache bei lichtem Tage verbrennende Kerze am Kronleuchter der 
Decke einen geheimen Bezug bietenP] 
2) Der Beweis aller dieser Thatsachen ist sehr vollständig durch James Weale: 
Notes sur Jean van Eyck S. 22 ff. geführt. Im Jahre 1556 befand sich dieses 
Bild (ebenfalls zufolge des erhaltenen Inventars) im Besitze einer andern Statt- 
halterin der Niederlande, der Königin Maria von Ungarn, welche dafür nach einer 
Anekdote van Mandeüs einem Barbier, von dem sie es erworben hatte, ein Amt 
mit jährlichen Einkünften von 100 Gulden verlieh. Die Identität des Bildes ist 
trotz der etwas abweichenden Beschreibung van Mandefs nicht zu bezweifeln. 
Schnneses Kunstgesch. Vlll. 10
	        
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