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und Johann van Eyck.
Hubert
Recept der Farbenbereitung setzte, war dies sehr leicht erklärbar;
es genügte anzunehmen, dass Johann seine Erfindung allen Andern
verborgen, seinem Bruder aber mitgetheilt habe. Seitdem wir wissen,
dass das Chemische, die Verbindung der Farben mit Leinöl, längst
bekannt war, dass es sich um eine neue Malweise handelte, reicht
dies nicht mehr aus; es gehörte ein längeres gemeinschaftliches Ar-
beiten dazu, um zu so völlig gleicher Technik zu gelangen. Guicciar-
dini hatte daher eine ununterbrochene Gemeinschaft Beider voraus-
gesetzt; va11 Mander konnte die Nachricht, dass Hubert die Genter
Tafel allein angefangen und Johannes sie nach dem Tode desselben
fortgesetzt habe, nicht glauben, sondern hielt dafür, dass die Be-
stellung Beiden gemeinschaftlich gemacht und die Ausführung von
Anfang an eine gemeinsame gewesen sein müsste. Diese Vermuthung
ist jetzt durch die Inschrift widerlegt und wir wissen durch die ur-
kundlichen Nachrichten, dass die Brüder in den letzten Jahren vor
Hubert's Tode gar nicht gemeinschaftlich gearbeitet hatten. Mindestens
von 1422 an war Johannes im Dienste des bayerischen Herzogs, der
als Graf von Holland gewöhnlich im Haag residirte, mithin ausser-
halb Flanderns gewesen, und als er 1425 in die Dienste Philipps des
Guten trat, werden ihm die vielfachen Geschäfte dieses neuen Herrn
kein ruhiges Zusammenleben mit seinem Bruder gestattet haben.
Diese Gemeinschaft, auf welche die Gleichheit der Technik hinweist,
muss daher in eine frühere Zeit fallen; dann aber fragt sich, wie
dies mit der Annahme, dass Johannes allein der Erfinder der neue-
ren Malweise sei, sich viereinigen lässt. Setzt man voraus, was in
der That am natürlichsten ist, dass diese Gemeinschaft sich unmittel-
bar an die Lehrjahre des Johannes angeschlossen habe, so dass dieser
nun als gleichberechtigter Meister in der Werkstatt des Bruders ge-
blieben sei, so ist es kaum denkbar, dass Beide dabei ihrem inner-
lichen Verhältnisse nach nun plötzlich die Rollen vertauscht hätten,
dass Hubert, der ursprüngliche Lehrer, nun der empfangende Schüler
seines jüngeren Bruders geworden, dass dieser die, wie wir wissen,
höchst umfassende, auf vielfachen Erfahrungen und Versuchen be-
ruhende Erfindung ganz allein in seinem Haupte und an seiner Staffelei
zu Stande gebracht und erst als sie fertig, seinen Bruder davon in
Kenntniss gesetzt habe. Es ist vielmehr, man darf sagen, so gut wie
gewiss, dass schon der erste keimende Gedanke, bei wem er auch
zuerst aufgekommen sein mag, dem Antlern mitgetheilt und von Beiden
erwogen, erprobt und alhnälig weiter ausgebildet wurde. Will man
dies nicht, so muss man annehmen, dass Johannes nach Beendigung
seiner Lehrzeit sich von Hubert getrennt, in eine andere Stadt oder