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van Eyck.
Hubert und Johann
erheben, das Gepräge des Individualismus, aber sie behält bei ihren
Nachfolgern noch immer den traditionellen Charakter und geht sehr
langsam über die ersten Erfolge hinaus, wobei dann nur sehr wenige
hervorragende Meister die Leitung haben und die Stufen des all-
mäligen Fortschreitens bezeichnen. Es scheint daher rathsam, zuerst
die Geschichte dieser hervorragenden Meister durch möglichst scharfe
Sonderung des vollständig Erwiesenen von dem Ungewissen und so
das Gerüst der Geschichte und des Entwickelungsganges möglichst
festzustellen und demnächst zu versuchen, wie sich die zweifelhaften
Erscheinungen demselben anfügen 1). Schon die Lebensverhältnisse
der Begründer der Schule, des Hubert und Johann van Eyck, sind
uns nur mangelhaft bekannt. Unsere ersten Berichterstatter Facius,
Averulino, Giovanni Santi, selbst Vasari in der ersten Ausgabe seines
Werkes nennen Hubert gar nicht und rühmen Johannes, den grossen,
den berühmten Johannes, als den Erfinder der neuen Malweise. Auch
in den Niederlanden war Huberlfs Name völlig in Vergessenheit ge-
rathen. Albrecht Dürer, der bei seiner niederländischen Reise im
Jahre 1520 den Genter Altar sah und bewunderte, nennt ihn schlecht-
1) In der Literatur über die flandrische Schule gebührt Waagen eine hervor-
ragende Stelle, indem er durch seine schon 1822 erschienene Schrift: Ueber Hubert
und Johann van Eyck den Anfang gründlicher Forschung machte und damit sein
Leben hindurch rastlos fortfuhr. S0 u. a. im Kunstblatt 1824 S. 89 ff. 1847
S. 161 ff. 1850 S. 21 und endlich in seinem Handbuch der deutschen und nieder-
landischen Malerschulen, Stuttgart 1862 (vorher in englischer Sprache, London 1860).
Neben ihm geben allgemeine Darstellungen dieser Schule Passavant, Kunstreise durch
England und -Belgien 1833 und im Kunstblemtt 1841 Nro. 3 ff. 1843 Nro. 54 ff.
und sonst vielfach; meine Niederländischen Briefe (1834); Alfred Michiels, Histoire
de la peinture Hamande et hollandaise, Vol. II. (1845) und demnächst in zweiter,
sehr vermehrter und auf die flandrische Malerei beschränkter Auflage, Paris und
Brüssel 1865 iil, 9 Bände, von denen Band I-V die altflandrische Schule ent-
halten; Crowe and Cavalcaselle, The early flemish painters, London 1857 II. Aufi.
1872, in französischer Uebersetzung von Delepierre (les anciens peintres flamands,
Brüssel 1862-63) mit wichtigen Noten von Pinchart und Ruelens und in
deutscher Original-Ausgabe, bearbeitet von A. Springer, Leipzig 1875; endlich
Hotho, die Malerschule Huberts van Eyck nebst deutschen Vorgängen und Zeit-
genossen, Berlin 1855, 1858, 2 Bände, leider unvollendet und derselbe, Geschichte
der christlichen Malerei, Stuttgart 1872, bis jetzt nur 3 Lieferungen. Zahlreiche
Notizen hat G. Rathgeber, Annalen der Niederländischen Malerei, Formschneide-
und Kupferstecherkunst, Gotha 1844, fol. zusammengestellt. Unter den Zeitschriften
sind besonders der Messager des sciences et des arts de 1a Belgique etc-, Gand 1823 d".
(gewöhnlich. als Messager de Gand citirt) und Le BeEroi herausgegeben von James
Weale, Brügge 1863 ii, vorzüglich der fiandrischen Kunst gewidmet. Ueber die
Resultate der archivalischen Forschungen giebt eine sehr anschauliche Darstellung
Edmond de Busscher, Recherches sur les peintres Gantois, Gand 1859.