Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Hubert und Johann van Eyck. 
Style, den man damals liebte und sehr arm an factischen, besonders 
chronologischen Nachrichten. Diese aus öüentlichen Urkunden zu 
erforschen, konnte ihm nicht einfallen; es bestanden noch keine dazu 
geeigneten Archive, es war überhaupt ein den damaligen Begriffen 
der Geschichtsschreibung und seiner künstlerischen Natur ganz frem- 
der Gedanke, und würde die Beendigung des von ihm beabsichtigten 
umfassenden und übersichtlichen Werkes in's Unendliche verzögert 
haben. Er war daher im Wesentlichen auf persönliche Erkundigungen 
angewiesen, auf die Anschauung der noch vorhandenen Gemälde und 
die Einziehung der darüber an Ort und Stelle überlieferten, mit 
einander zu vergleichenden Nachrichten. Dieser Aufgabe hat er sich 
mit Fleiss, Umsicht und Begeisterung unterzogen und sich grosse, 
bleibende Verdienste um die Kunstgeschichte erworben. Vielleicht 
wäre ein solches Unternehmen besser gelungen, wenn es hundert oder 
doch fünfzig Jahre früher, jedenfalls vor den religiösen Wirren und 
Leiden des Krieges ausgeführt wäre. Das war aber unterblieben, und 
so war es ein Verdienst, dass es jetzt geschah, gewissermassen in 
der zwölften Stunde, wo zwar schon manche Erinnerungen verblichen, 
manche edlen Werke zerstört oder vergessen sein mochten, wo aber 
das Verständniss für die ältere heimische Kunst noch nicht in dem Grade, 
wie später, verloren, und Vieles, was später durch Vernachlässigung 
unterging, noch wohl erhalten war. Van Mander's Werk war daher 
in den darauffolgend en zwei Jahrhunderten, wo unter der Herrschaft 
eines falschen oder einseitigen Geschmacks jene ältere hochbedeutende 
Kunst völlig verkannt wurde, die einzige und unschätzbare Quelle 
für die Geschichte derselben. 
Auch für das wiedererwachende Verständniss dieser Kunst in 
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts war sein Werk als das ein- 
zige Mittel der Orientirung und als Ausgangspunkt zu tieferen Stu- 
dien von höchstem'Werthe. Nun freilich traten aber neben den 
Vorzügen auch die Mängel des Werkes in's Licht. Die übergrosse 
Verehrung für Vasari, der doch bei diesen fremden Künstlern seiner 
Phantasie ziemlich freien Spielraum gelassen und nicht selten durch 
Entstellung oder Verwechselung der ausländischen Namen gesündigt 
hatte, dann die eigene Neigung für pikante, romanhafte Hergänge 
und endlich der Mangel an Kritik, der nicht blos bei dem Künstler 
verzeihlich, sondern ihm mit den meisten seiner Zeitgenossen gemein 
war, hatten Irrthümer, die Schwierigkeit genaue Nachrichten zu er- 
langen, über welche van Mander selbst in der Vorrede klagt, und 
die Nothwendigkeit persönlicher Erkundigungen hatten Lücken und 
Ungleichheiten erzeugt, die um so nachtheiliger wirkten, je mehr
	        
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