Carel van Mander.
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eine günstige Stellung erlangte und bei der Ausführung zahlreicher
Gemälde Musse zu nicht minder zahlreichen Gedichten und anderen
Schriftwerken behielt. Das wichtigste derselben ist dann das Maler-
buch (Het Schilder-Boeck), augenscheinlich ein Werk vieljährigen
Fleisses, welches in den Jahren 1603 und 1604, zwei Jahre vor
seinem frühzeitigen Tode in Harlem erschien. Das, was uns darin
vorzugsweise, ja fast ausschliesslich interessirt, die Geschichte der
niederländischen Künstler, bildet nur einen kleinen Tbeil des Ganzen.
Carl van Mander hatte es auf etwas Erschöpfendes abgesehen. Voran
geht ein grosses, 55 Blätter des engen Druckes füllendes Gedicht, in
achtzeiligen Stanzen nach italienischer Weise, der „Grund der edlen
Malerkunst" genannt, in welchem er nach einer derben moralischen
Ermahnung die Jünger über die einzelnen {Theile des Kunstbetriebes.
belehrt. Er behandelt dabei die Zeichenkunst, Proportionen und
Bewegungen des menschlichen Körpers, Anordnung der Historien,
den Ausdruck der Leidenschaften und des Leidens, die Lichteifecte,
Landschaften, Thiere, Gewandung und endlich noch in vier Kapiteln
die Lehre von der Farbe. Trockene Regeln mischen sich charakte-
ristisch genug mit schwülstigen Naturschilderungen und mythologischer
Gelehrsamkeit. Darauf folgen drei prosaische, geschichtliche Bücher,
die Lebensbeschreibungen zuerst der berühmten antiken, dann der
modernen italienischen und endlich der niederländischen und hoch-
deutschen Maler, dies letzte Buch von gleichem Umfange, wie das
die Italiener betreffend. Den Beschluss macht dann sonderbarer Weise
eine Auslegung der Metamorphosen des Ovid, welche als Anleitung
zur Ausbildung der Figuren dienen soll. Bei der italienischen Kunst
ist er, wie er wiederholt bekennt, hauptsächlich dem Vasari gefolgt,
nur dass er die Nachrichten von späteren, ihm in Italien bekannt
gewordenen Künstlern hinzufügt. In Beziehung auf die Niederländer
und Deutschen fehlte es an solcher Vorarbeit, hier musste er selbst
die einzelnen Nachrichten sammeln und ordnen. Vasari hatte noch
einzelne Quellen gehabt; den Commentar des Ghiberti, das Buch des
Cennini und die „Aufzeichnungen alter (florentiner) Maler", deren er
zuweilen erwähnt 1). Van Mander war nicht so glücklich; die wenigen
Citate, die wir bei ihm vorfinden, sind Verse, hauptsächlich die des
obenerwähnten Lampsonius, welche sich unter den von Hieronymus
Cock in Antwerpen gestochenen und im Jahre 1572 herausgekommenen
Porträts niederländischer Maler befinden, dann einige Gedichte von
Lucas de Heere oder von Ungenannten, sämmtlich in dem pomphaften
Band VII.
dieses Werkes 2.
Aufl.
242.