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Hubert und Johann van Eyck.
derselben, Bartholomaeus Facius, widmete in seiner 1456 verfassten
Sammlung von Lebensbeschreibungen berühmter Männer jenen beiden
Künstlern eigne Biographieen; freilich sehr kurze, die ausser der Be-
Schreibung jener Gemälde nur die ungeprüften und überdies nach
den Rücksichten humanistischer Eleganz aufgestutzten Nachrichten
enthielt, welche den Besitzern von den Verkäufern oder von einem
der zahlreichen Italiener, die in Handelsgeschäften in den Nieder-
landen gewesen waren, zugekommen sein mochten 1).
Indessen ist er der erste, welcher der Erfindung der Oelmalerei
gedenkt, freilich in sehr allgemeiner Weise, die den Mangel an Sach-
kenntniss und die italienische Neigung verräth, alles mit der Antike
in Verbindung zu bringeng). Auch im weitern Verlaufe des fünf-
zehnten Jahrhunderts finden wir wiederholte Aeusserungen italienischer
Schriftsteller, welche die Verdienste des Johannes und seines Schülers
(denn dafür gilt er ihnen) Roger, der grossen Meister der Oelfarbe
und des Colorits, als eine allgemein anerkannte Thatsache anführen
und rühmen 3). Die Vorliebe für diese Schule, die besonders in ge-
im Jahre 1449 bei dem Markgrafen von Ferrara gesehen hatte. Er bezeichnet
den Wohnort Roger's richtig als Brüssel, erwähnt aber dabei beiläufig des "hoch-
berühmten Johannes von Brügge." Vgl. die in den Antichita Picene tom. XV.
p. 143 herausgegebene Stelle in den von Pinchart verfassten Anmerkungen zu der
französischen Uebersetzung des Werkes von Crowe und Cavalcaseile über die alt-
flandrischen Maler (Brüssel 1863 lf.) Band II. pg. CLXXVII, wo sich überhaupt
sorgfältige und inhaltreiche Forschungen über die frühesten Quellen dieses Theils
der Kunstgeschichte finden.
1) Diese Biographieen, in dem erst 1745 zu Florenz gedruckten Werke des
Facius p. 46 und 48 enthalten, sind bei Morelli, Notizie d'opere di disegno p. 116
u. 238, bei Fiorillo kleine Schriften I. p. 191 ff. u. Geschichte der zeichnendcn
Künste II. p. .287, endlich bei Pinchart a. a. O. mitgetheilt. Dass Facius beide
Maler ohne Angabe ihres Wohnorts mit dem Beinamen Gallicus bezeichnet, kann
keinen Zweifel über die Identität der Personen erwecken, welche schon durch die
Beschreibung der auch von anderen Schriftstellern erwähnten Gemälde festgestellt
wird. Er wählt diesen, ihm eigenthümlichen Beinamen ohne Zweifel nur in anti-
kisirender Weise, weil die Römer Belgien zu Gallien rechneten.
2) J oannes Gallicus nostri saeculi pictorum princeps judicatus est, litterarum
nönnihil doctus, geometriae praesertim et earum artium, quae ad picturae orna-
mentum accederent, putaturque ob eam rem multa de colorum proprietatibus in-
venisse, quae ab antiquis tradita ex Plinii et aliorum auctorum lectione didicerat.
Man kann in dieser Darstellung schon den Kern der Erzählung des Vasßri im
Leben des Antonello da Messina (V01. IV. p. 75) finden.
3) So der Architekt Antonio Averulino (genannt Filarete) in seinem um 1460
geschriebenen, nur handschriftlich auf der Magliabecchiana befindlichen Traetat,
aus welchem die Herausgeber des Vasari Band IV. S. 99 (0011- III- 291) die be-
treffende Stelle mittheilen. So ferner Giovanni Santi, der Vater Raphaels, in seiner
Reimchronik (Passavant, Raphael von Urbino I. 471).