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Sitten,
Literatur.
Gebräuche,
hielt dadurch schon gewissermaassen Andachtsbücher in Bildern,
welchen 1nan dann wohl auch zum besseren Verständniss etwas
Schrift hinzufügte, bald nur Spruchzettel und Unterschriften, bald
aber auch einige Zeilen in Prosa oder Versen. Bücher dieser Art
(Blockbücher) 1), deren Blätter durchweg mit Holztafeln und zwar nur
auf einer Seite und mit dem Reiber, nicht mit der Presse, bedruckt
sind, und deren Inhalt ausschliesslich oder überwiegend aus Bildern
besteht, wurden wahrscheinlich ziemlich frühe, etwa um 1440, und
zwar theils in Oberdeutschland, theils in den Niederlanden heraus-
gegeben. Dort scheint die Offenbarung Johannis, also ein mystischen
Tendenzen besonders zusagendes und zugleich durch seine "Fülle der
Gesichte" zu bildlicher Darstellung herausforderndes Buch, hier die
sogen. Armenbibel (Biblia pauperum) den Anfang gemacht zu haben,
ein aus vierzig Blättern bestehendes Werk, welches auf jeder Seite
ausser vier Prophetengestalten drei biblische Hergänge, gewöhnlich
einen des neuen mit zwei vorbildlichen des alten Testaments und
mehrere Zeilen erklärenden Textes enthält. Noch umfangreicher ist
der Text in einem, sowohl im Inhalte als in der Ausführung sehr
ähnlichen Werke, dem "Heilspiegel" (Specululn humanae salvationis).
Ebenso gut, wie man hier Text und Bild auf einer Tafel zu-
sammenstellte, konnte man aber auch beide trennen und den Bildern
gesonderte 'l'extblättcr mitgeben. Dies geschah dann in einfacher
Weise bei dem sehr beliebten Werke: Ars moriendi (die Kunst zu
sterben), welches das Sterbebette und die Versuchungen des Teufels
nebst den Tröstungen der Engel und Heiligen darstellte. Wie sehr
in dieser Literatur der Zweck der Belehrung im Vergleich mit der
künstlerischen Darstellung überwog, beweist ein anderes gleichzeitiges
Werk, die Ars memorandi notabilis per figuras Evangelistaruin".
Sie enthält nämlich den Inhalt der Evangelien auf fünfzehn Text.-
blättern nebst fünfzehn Bildern, welche aber nicht etwa evangelische
Hergänge, sondern nur die symbolischen Figuren der Evangelisten,
den Adler (denn der macht hier den Anfang), den Engel, den Löwen
und den Stier enthalten, stets in mehreren Wiederholungen, von
denen jede von anderen kleinen Figuren oder Zeichen begleitet ist,
welche Einzelheiten aus dem Inhalte der Evangelien andeuten sollen.
Beigedruckte arabische Ziffern verweisen dann bei jedem dieser
Zeichen auf die Stelle des Textblattes, die sich darauf bezieht. Es
ist also gewissermaassen ein Evangelienbuch, in welchem man mit
1) Verzeichnisse derselben s. b. Heinecken, Nachrichten
Kunstsachcn, bei Heller a. a. 0., bei Passavant u. A.
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Künstlern
und