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Sitten,
Gebräuche, Literatur.
der Eitelkeit des Lebens so weit geschiedenen Stände zu zeigen.
Man hat bei mehreren dieser eigentlichen Todtentänze ihre Ent-
stehung i1n vierzehnten Jahrhundert behauptet, allein der Beweis ist
überall mangelhaft und das erste unbestreitbare Beispiel gehört dem
Jahre 1424 anl). Jedenfalls aber wurde dieser Gegenstand erst im
fünfzehnten Jahrhundert recht populär und in diesem und dem fol-
genden unzählige Male wiederholt. Er ist die erste Aeusserung des
Humors dieser eigenthümlichen. den Jahrhunderten der neueren Zeit
angehörigen Betrachtungsweise.
Eine nähere Anschauung der Art, wie sich die neuen Elemente,
die wir bisher kennen gelernt haben, die erhöhte Bedeutung der
Natur und die grössere Befreiung der Individualität im Leben geltend
machten, werden wir durch die Betrachtung der Sitten und Gebräuche
dieses Jahrhunderts gewinnen.
Drittes
Kapitel.
Sitten,
Gebräuche,
Literatur.
' Man könnte vermuthen, dass das erwachende Gefühl für Natur
und Wahrheit sich auch in den Erscheinungen des _Lebens und der
Sitte geäussert, ihnen bestimmte, einfache Formen gegeben haben
müsse. Allein es erfolgte vielmehr das Gegentheil, sie irurden starrer,
schwerfalliger, conventioneller. Zum Theil geschah dies schon aus
dem Grunde, weil die Gedanken, welche diesen Formen zum Grunde
lagen, mehr und mehr in Vergessenheit geriethen und man dem l-Ier-
kommen nur noch gewohnheitsmässig folgte, zum Theil war es aber
auch eine beabsichtigte Steigerung, in der man sich gefiel und auf
die man Werth legte. Die mittelalterlichen Institutionenbestanden
zwar noch, aber sie waren den andringenden neueren Ansprüchen
gegenüber gefährdet. Da war es denn ein Protest und zugleich ein
Vertheidigungsmittel, wenn ihre Vertreter wenigstens den Schein
wahrten, die äusseren Zeichenihrer Würde mit vermehrtem Prunke
geltend machten. Sie hatten dabei zugleich den Gewinn, der Schau-
lust, die sich damals so mächtig regte, Stoff zu geben und sie zu
1) Es ist hier nicht der Ort, näher auf die weitschichtige Literatur über die
Geschichte des Todtentanzes einzugehen. Vgl. meine Aufsätze iiher diese Literatur
in den Mittheilungen der k. k. Centralcommission, Band VI. (1861) S. 191 u. 221.