Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Geistige Richtung und 
Oharakterbildung des 
15. Jahrhunderts. 
denn die erstaunensiverthe Fülle neuer Erfindungen und Entdeckungen, 
welche im yierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert einander auf dem 
Fusse folgten. Kunst und Wissenschaften betraten neue Bahnen, fast 
alle Zweige gewerblicher Thätigkeit wurden erneuert und erweitert. 
Im Bergbau und Hüttenwesen, in der Gerberei, Papierfabrikation, 
Färberei, Glas- und Stahlbereitung wurden erhebliche Fortschritte 
gemacht, die Getreideinühlen, der Webstuhl, die Schlaguhren, die 
Fernrohre verbessert, Sägemühlen, Maschinen zum Drahtziehen und 
endlich auch das Spinnrad erfunden, die bereits sehr ansehnliche 
Zahl musikalischer Instrumente wurde bedeutend vermehrt 1). Der 
erste in Riemen hängende Wagen wird 1405 erwähnt, der erste 
Versuch einer regelmässigen Briefpost im Jahre 1464 durch Ludwig XI. 
gemacht. In der Bewaffnung, Befestigungskunst und in der Ausbil- 
dung der Schiessgewehre zeigten sich beständig Neuerungen, welche 
im secliszehnten Jahrhundert zu einer gänzlichen Umgestaltung des 
Kriegswesens führten. Besonders war es die Erfindung und der Guss 
des schweren Geschützes, welche, von Deutschland ausgehend, in allen 
Ländern Europas nachgeahmt und bewundert wurde. Dazu kamen 
dann andere Erfindungen, und Entdeckungen, zunächt die folge- 
reichste aller Erfindungen, die des Buchdruckes; auf dem Gebiete der 
Kunst der Holzschnitt, der Kupferstich, die neue Technik der Oel- 
malerei, das Studium der Perspective und Anderes, was später zu 
erwähnen ist; auf dem Gebiete der Wissenschaften das von Italien 
ausgehende Studium der Antike mit allem, was daraus folgte; end- 
lich am Schlüsse des Jahrhunderts die wissenschaftliche und künst- 
lerische Begründung der Musik durch die Regelung des T onsystems 
und Ausbildung des contrapunktischen Satzesr Noch wichtiger waren 
dann die gleichzeitigen grossen Erfolge der Seefahrer, die Umschiffung 
des Vorgebirges der guten Hoffnung und die Entdeckung von Amerika. 
Ereignisse und Neuerungen von so tiefer Bedeutung, dass schon ein- 
zelne von ihnen genügten, den geistigen Standpunkt der abendlän- 
dischen Welt zu verändern. Bringt man ferner in Erwägung, dass 
daneben die politische Gährung und die religiöse Erregung fort- 
dauerte, so muss man über die Fülle von Kraft und Muth, über die 
Jugendfrische dieser Zeit erstaunen. 
Alle diese Erfindungen und Entdeckungen beruheten auf der 
Beobachtung von Ursachen und Wirkungen, von natürlichen Kräften 
und Erscheinungen. Sie zeigen daher in ihrer Gesainmtheit ein tie- 
feres Eingehen auf die Natur, eine schärfere Beobachtung, die im 
Culturgeschichtliche Briefe. 
Retberg, 
Leipzig 
1865. 
244.
	        
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