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Geistige Richtuhg
und Charakterbildung des
Jahrhunderts.
Kunst noch einen Einfluss auf die italienische ausübt,
dem, dann freilichisehr viel stärkeren Eini-lusse jener
genden Jahrhundert unterlag.
während sie
erst im fol-
Zweites
Kapitel.
Geistige
Richtung und Charakterbildung
fünfzehnten Jahrhunderts.
des
Die Anfange einer geistigen Bewegung liegen meistens sehr weit
von dem Ziele, zu dem sie schliesslich hinführen, sie scheinen oft
nach ganz andrer Richtung hinzuweisen. Das fünfzehnte Jahrhundert
war allerdings der Vorläufer der Reformation und der modernen
wissenschaftlichen Richtung, man würde aber sehr irren, wenn man
es sich von Opposition gegen die hierarchische Kirche oder gegen
die ascetische und naturfeindliche Tendenz des Mittelalters erfüllt
denken wollte. Es war durchaus friedlich und conservativ; man
dachte nur an Erhaltung und, wo es nöthig war, Wiederherstellung
der Kirche. Freilich hatten die Ooncilien, von denen man diese er-
wartete, sehr ungenügende Resultate gegeben. Das Schisma war be-
seitigt, die aussere Einheit der Kirche wieder erlangt, aber die Ab-
stellung der vielen Uebel und Missbräuche, über die man geklagt
hatte, war nicht einmal in Angriff genommen. Die Sittenverderbniss
und der Luxus der Geistlichen, die Gelderpressungen der Curie
blieben dieselben, oder wurden noch gesteigert. Allein man war der
Spannung müde; die lange Dauer jener Concilien, die Täuschungen,
die man erfahren, hatten die Hoffnung niedergeschlagen. Alle er-
sichtlichen Mittel waren erschöpft, man konnte glauben, es sei Gottes
Wille, dass man sich diesen Mängeln fügen müsse. Selbst ein so
bedeutender Gelehrter, wie der Cardinal Nicolaus von Cusa, der
auf dem Concil zur Opposition gehört hatte, war durch dasselbe so
tolerant geworden, dass er erklärte, sich selbst jüdische oder mu-
hammedanische Gebräuche gefallen lassen zu wollen, wenn sie zur
Eintracht der Gläubigen führten 1). Ebenso dachten denn auch die
Meisten unter den Laien, obgleich aus sehr verschiedenen Gründen.
Die Mehrzahl aus Bequemlichkeit und Leichtsinn. Religiöse Zweifel
Geschichte der christlichen Philosophie,
1) Ritter,