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Gestaltung des Abendlandes.
Kirchlich-politische
auch auf Aragonien ausgedehnt. Es gewährte dem Könige nicht nur
die Hülfe einer aus der Bürgerschaft gebildeten, wachsamen Polizei-
mannscha-ft, sondern auch ein durch eine Beisteuer der Verbündeten
besoldetes stehendes Heer und sicherte eine unparteiische und strenge
Rechtspflege. Noch wichtiger wurde dann ein zweites Institut, das,
dem fanatischen Glaubenseifer und Geburtsstolz der altchristlichen
Bevölkerung schmeichelnd, schliesslich dann doch vorzugsweise der
Regierung zu Gunsten kam, die Inquisition. Eine offene, der
Kirche widerstrebende Ketzerei, welche dadurch unterdrückt werden
sollte, bestand zwar nicht, wohl aber gab es zahlreiche Familien
maurischen und jüdischen Ursprungs, welche nach der Taufe sich
Reichthümer und einträgliche Aemter verschafft hatten und durch
den Hass des Volkes und der fanatischen Geistlichkeit beschuldigt
wurden, ihrem alten Glauben anzuhängen. Sei es nun, dass die hier-
durch entstehende Gefahr den Königen wirklich so gross schien,
oder dass sie dieselbe nur als Vorwand brauchten, sie fassten den
Beschluss, diese geheime Ketzerei mit Gewalt auszurotten. llilit päpst-
licher Genehmigung wurden daher Glaubensgerichte eingeführt, welche
sich von den früheren dadurch unterschieden, dass die Anstellung
und Besoldung der geistlichen Richter und Hülfsbeamten von der
Regierung ausging und dass die in Folge der Verurtheilung ein-
tretende Gütereinziehung dieser zu Statten kam. Die Untersuchung
wurde mit aller Strenge geführt; gleich im ersten Jahre (1481) be-
stiegen mehr als 2000 Personen den Scheiterhaufen, während ganze
Schaaren der Bedrohten, man zählte mehr als hunderttausend, sich
durch Auswanderung zu retten suchten. Das Land verlor dadurch
arbeitsame und nützliche Kräfte, aber es gewann durch die Einheit
ungemischter Nationalität und glaubenseifriger Gesinnung eine ritter-
liche, wenn auch fanatisch rücksichtslose Energie, welche ihm sofort
bei dem Kampfe gegen den letzten Rest maurischer Herrschaft, gegen
die Könige von Granada, und demnächst auch bei auswärtigen Krie-
gen ein Uebergewicht verlieh. Das Königthum aber erlangte durch
dies geistlich-politische Institut ein Mittel der Herrschaft, wie es
keine andere damalige Regierung besass, vor dem Alle, Vornehme
und Geringe, zittern mussten. Im Uebrigen blieben die Rechte der
Provinzen und der Stände unangetastet. Das ritterliche Ehrgefühl
des Adels wurde geschont und sogar gepflegt, aber an das König-
thum gefesselt. Die Vereinigung der grossmeisterlichen Würden der
drei mächtigen geistlichen Ritterorden, St. Jago, Calatrava und Al-
cantara, mit der Krone, eine feierliche Etiquette, welche den Fürsten
sonderte und dem adligen Stolze durch die Betonung der Rangstufen