EnglancPs Bürgerkriege.
ihrer Rechte gegen ihn geschlossenes Bündniss „du bien public";
das war natürlich nur ein Vorwand, der aber doch beweist, dass man
die Sache anerkannte und dadurch Anklang zu finden hoffte.
Während so in Frankreich die Umgestaltung des Staates sich
trotz einzelner Harten und Verbrechen im Ganzen ruhig vollzog, war
sie in England die Frucht eines Bürgerkrieges, der ein Menschen-
alter hindurch das Land mit Leid und Verbrechen erfüllte und die
Gemüther Verhärtete. Der Kampf der Häuser Lancaster und York,
der sogen. rothen und weissen Rose, machte England zum Schauplatz
einer gewaltigen Tragödie voll erschütternder Ereignisse, wie es kaum
eine zweite giebt. Das Blut floss in Strömen, nicht blos in Schlachten,
sondern auch durch Hinrichtungen, bald mit dem heuchlerischen
Schein gerichtlicher Form, bald durch geheime That. Sechzig bis
achtzig nähere oder entferntere Glieder des königlichen Hauses 1),
nicht blos Erwachsene, sondern auch zarte Kinder, wurden mit erfin-.
derischem Wechsel der '1'odesarten ermordet, und die grossen Fa-
milien normannischen Ursprungs bis auf wenige Ueberreste vertilgt.
Der allgemeine Hass, den sich Richard H. zugezogen, und das U11-
recht, welches er gegen seinen Vetter Heinrich von Hereford, den
nachherigen Heinrich IV., verübt hatte, gewährten diesem Veran-
lassung und Mittel, den Thron zu besteigen (1399) mit Uebergehung
eines Sprösslings der älteren Linie, als dessen Nachfolger später das
Haus York auftrat. Seine weise und volksfreuntlliche Regierung und
der von seinem Sohne Heinrich V. glücklich geführte Krieg gegen
Frankreich bildeten ein festes Band, welches die Nation und beson-
ders auch den durch diesen Krieg beschäftigten hohen Adel an das
neue Königshaus fesselte. Erst unter dem schwachen Heinrich VI.
und durch den Hass, welchen der Einfluss seiner Gemahlin Marga-
retha erweckte, wurde die Aufmerksamkeit auf die Ansprüche des
Hauses York geleitet. Die Frage des Rechts war dabei keineswegs
bestimmend. Das Haus York stammte von einem älteren Sohn
Eduardts 111., das Haus Lancaster von einem jüngeren, dieses aber
in directer männlicher Linie, jenes durch weibliche Vermittlung. Nach
englischem Lehnrechte war dies nun zwar gleichgültig, aber nach
dem Staatsrecht der meisten Länder ist die weibliche Folge ausge-
schlossen, und jedenfalls war das Haus Lancaster nun seit einem
halben Jahrhundert im ruhigen Besitze. Der Zeitverlauf und die
Zustimmung des Volkes hatten die etwaigen Mängel des Rechtstitels
gedeckt. Als einmal im Laufe des Kampfes die Frage den Richtern
1) S0
Commines,
Zeitgenosse
wenigstens rechnet der
III.