Volltext: Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert (Bd. 8)

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Abendlandes. 
Kirchlich-politische Gestaltung des 
werden, oder auf dieselben Einfluss zu erlangen. An Verträge, selbst 
an eidlich bestärkte, hat er sich niemals gebunden geglaubt; indem 
er sie abschliesst, denkt er schon auf Mittel, ihnen entgegen zu han- 
deln. Auch vor gröberen Verbrechen scheut er nicht zurück; bei der 
Bestrafung seiner Gegner, die er gern in gerichtliche Formen kleidet, 
ist er von eriinderischer Grausamkeit. Aber die grosse Bedeutung 
seiner Regierung beruht darin, dass er vom Antritte derselben an 
bestimmt wusste, was er wollte und dies Ziel unausgesetzt verfolgte. 
Er war Fanatiker seiner Politik, aber diese Politik bezweckte nicht 
blos- seinen persönlichen Vortheil oder Ruhm, sondern die Grösse 
Frankreichs. Er selbst brauchte wenig; Turniere und Feste waren 
nicht seine Sache, er lebte einsam, von wenigen Personen, meistens 
niedriger Herkunft umgeben. Seine Kleidung war mehr als einfach. 
Die Ausführung seiner weitaussehenden Plane, die Unterhaltung seiner 
Gensdarmen und Soldtruppen erforderte allerdings grosse Summen 
und nöthigte ihn zu hohen und lästigen Steuern. Aber übrigens 
war seine Verwaltung gut und ernsthaft auf die Wohlfahrt des Vol- 
kes abgesehen. Auf alle Weise sorgte er für die Hebung des Ver- 
kehrs und der Industrie. Die Städte erhielten Privilegien, Messen 
und Märkte wurden angeordnet, Handelsverträge abgeschlossen, Frem- 
den, die sich im Lande niederlassen wollten, angemessene Rechte 
bewilligt. Durch die Berufung italienischer Seidenweber machte er 
dieses wichtige Gewerbe im Lande einheimisch. Die Justiz wurde 
strenge und unparteiisch gehandhabt, den Anmaassungen seiner Gens- 
darmen und Söldner war durch wirksame Vorschriften gewehrt. Die 
Rechte der Stande griff er nicht an, obgleich er ihre Beschlüsse zu 
umgehen, oder nach seinen Zwecken zu leiten wusste; er bediente 
sich ihrer wiederholt, um sich von der Erfüllung seiner Vertrage los- 
sprechen zu lassen. Seine staatswirthschaftlichen Gedanken greifen 
oft weit voraus; er war der Erste, welcher ein Postwesen organisirte, 
wenn auch zunächst nur für den Gebrauch der Regierung. Er ging 
damit um, Einheit des Maasses und Gewichtes und sogar ein allge- 
meines, in französischer Sprache abgefasstes Gesetzbuch einzuführen. 
Der Tod verhinderte ihn daran, wohl aber hatteseine etwa zwanzig- 
jährige Regierung (1461r-1483) hingereicht, um die Macht der grossen 
Vasallen zu brechen und das Königthum von Frankreich in seiner 
neuen umfassenden Bedeutung zu begründen. 
Es ist bemerkenswerth, wie rasch sich in diesen Kämpfen der 
Begriff des öffentlichen Wohles, der dem Mittelalter fremd gewesen 
war, geltend macht. Nicht blos Ludwig XI. selbst kennt ihn, son- 
dern auch die französischen Grossen benennen ihr zur Vertheidigung
	        
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