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Buch
III.
Italien.
Jahrliundert.
Umbrien.
entschieden mit der Art der Florentiner überein. Anderes
aus dieser Zeit übergehe ich.
Nachdem Perugino in solcher Weise die Schule durch-
gemacht" hatte, wandte er sich wiederum zu seiner früheren
eigenthümliohen Weise zurück. Und wenn somit seine frühe-
sten Arbeiten die vorherrschende Stimmung seines Gemüthes
und Richtung seines Geistes darlegen, wenn in den nach-
folgenden das Studium vorzuwalten scheint, so wird derjenige
Abschnitt seines Künstlerlebens, in welchem er, zu seinen
ursprünglichen Bestrebungen zurückkehrend, diese mit der
Kraft und Klarheit der Darstellung hindurchführte, welche
er vorangehenden Studien verdankte, nothwendig die grösste
und schönste Epoche des Künstlers sein. So bildeten sich
in dieser Zeit jene süsse Anmuth und Weichheit, jene zarte,
schwärmerische Sehnsucht aus, Welche den Werken Peruginds
einen so hohen Reiz geben. Lassen seine Gestalten auch
zuweilen an Kraft und an Erfüllung ihrer Existenz Manches
zu Wünschen übrig, so sind doch seine Köpfe, vornehmlich
die jugendlichen und begeisterten von hinreissender Schön-
heit; auch hat er in der Färbung, sowohl in der Carnation
als in der Gewandung, in den warmen heiteren Lüften, in
den wohlabgestuften Landschaften, mannigfache Verdienste.
Im Allgemeinen bezeichnen diese WVerke somit wohl den
Höhepunkt der Schule überhaupt, oHenbaren aber auch be-
reits ihre Grundmängel. Perugino hat die höhere drama-
tische Historienmalerei fast geflissentlich vermieden und auch
die übrigen Maler seiner Schule (Rafael immer ausgenommen)
stehen hierin den Florentinern bei weitem nach. In nahem
Zusammenhang hieinit steht das für diese Zeit mangelhafte
Bewusstsein von der organischen Bewegung des Körpers und
die Beschränkung auf einzelne, stets wiederkehrende Stellungen,
Da nun der Ausdruck in seiner zwar einseitigen, aber bis
jetzt beispiellosen Intensivität einen ganz eigenthümlichen
Ersatz gewährte, so konnte es nicht ausbleiben, dass schon
der Meister selbst darin mehrmals zu Weit ging und später
stereotyp wurde. Wo eine grössere Anzahl seiner Bilder bei-
sammen sind, wirkt die halbwehmüthige Ekstase, der auf-