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Buch III.
Italien.
Jahrhundert.
Venedig.
146.
beiden kleinen Engel von wunderbarstem Reiz; der eine
schlägt die Laute und horcht mit geneigtem Köpfchen, ob sie
rein gestimmt sei; der Andere bläst auf einer Pfeife. Das
Ganze ist überaus vollendet und von herrlichster Farben-
3- Wirkung. Aus derselben Zeit (1487) ist eine schöne stolze
Madonna, Welche das vor ihr auf einer Brüstung stehende
Kind hält, in der Akademie (ein sehr ähnliches Bild im Ber-
9. liner Museum). Auch ein grosses Altarblatt in S. Gio-
vanni e Paolo, Madonna mit zehn Heiligen und (vorn) drei
singenden Engelknaben (in tempera) wird unter die frühem
Bilder gerechnet, ist übrigens mit Ausnahme weniger herben
Köpfe schon ganz in der freien und breiten Art des Meisters
10- behandelt. Ein grosses Bild, an Inhalt, Anordnung und
Werth dem vorigen ähnlich, findet sich in der Akademie.
11-Eine Madonna mit vier Heiligen und einem auf der Geige
spielenden Engel, vom Jahre 1505, sieht man in S. Zaccaria;
in den zwei weiblichen Heiligen ist die milde Andacht, in
den männlichen die ernste Würde herrlich ausgedrückt. Die
architektonische Einrahmung ist hier wie in andern Bildern
durch die im Bilde selbst dargestellte Architektur nachgebil-
12_det. In diese späteste Zeit gehört Wohl auch ein grosses
Bild in S. Salvatore, Christus in Emmaus darstellend, viel-
leicht die höchste unter den vorhandenen Leistungen des
Meisters und sicher eine der höchsten seiner Zeit. Ausser
den beiden Jüngern ist (nach der naiven Weise dieser Schule)
noch ein venetianischer Senator und ein Mann in türkischer
Kleidung (vielleicht ein venetianischer Dragoman) anwesend,
beide nachdenklich gegen Christum hinblickend; der eine Jün-
ger, ein Greis, stehend, im aufgeschürzten Pilgerkleid sieht
aufmerksam auf den Andern, einen schönen, hellbärtigen
Fünfziger hin, welcher in verhehlter innerer Bewegung die
Tischplatte fasst und mit der Linken heftig auf seine Brust
deutet, als wäre er eben des Wunders inne geworden, wel-
ches den blöden Augen der Andern noch nicht offenbar ist;
hinter dem Tisch in der Mitte sitzt Christus, das Brod in der
Linken, mit der Rechten segnend; in den wunderbaren Zü-
gen seines dunkelgeloekten Hauptes ist die Gottheit sieht-