Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

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Buch IU. 
Italien. 
Jahrhundert. 
Venedig. 
143. 
144. 
Castione (oder Castiglione, unweit Crema), wobei namentlich 
die untere Reihe von Tafeln an schöner correcter Zeichnung 
kaum etwas zu wünschen übrig lässt. Martinds Söhne, von 
welchen blos Calisto zu grösserem Ruf gelangt ist, gingen 
später zur venezianischen Richtung über, 
1. ß. 144. Endlich zeigt sich noch ein bedeutender Ein- 
fluss der paduanischen Schule auf die Ausübung der Kunst 
in Venedig, und zwar zunächst in der auf der Insel Mu- 
rano ansässigen Familie der Vivarini, die wir bereits in 
einem früheren Abschnitte kennen gelernt haben. Dort war 
es, gegen die Mitte des XV. Jahrhunderts, Antonio Vivarini, 
oder Antonio da Murano, dessen Werke den Stempel einer 
eigenthümlichen Weichheit, eines wundersamen Farben- 
schmelzes trugen. Jetzt begegnet uns, in der zweiten Hälfte 
 desselben Jahrhunderts ein ohne Zweifel jüngerer Bruder 
oder Verwandter desselben, Bartolommeo Vivarini, in 
dessen Werken sich, im Gegensatze gegen jene frühere Rich- 
tung, die grösste Schärfe und Strenge der Zeichnung, ganz 
nach paduanischer Weise, kund giebt; jedoch ist ihm durch- 
hin eine erfreuliche Tüchtigkeit, meistentheils auch eine nicht 
zu verkennende Würde eigen; im Einzelnen z. B. in Köpfen 
der heil. Jungfrau, finden sich neben jener Schärfe zugleich 
anmuthigere Motive mit Glück benutzt. Das Hauptverdienst 
dieses Künstlers beruht jedoch in dem charakteristischen Aus- 
drucke, den er den Köpfen seiner heiligen Gestalten (er stellt 
meist Madonnen, mit Heiligen umgeben, dar) aufzuprägen 
weiss. Es sind zumeist keine bedeutenden Individuen, welche 
er vorführt, aber der Charakter ist mit grösster Bestimmtheit 
durchgeführt. Gemälde von ihm sind in den Kirchen und 
Sammlungen von Venedig nicht selten, sowie sie auch in aus- 
wärtigen Galerieen (z. B. in denen von Neapel und Berlin 
u. a. O.) mannigfach vorkommen. Zu seinen frühesten Ar- 
beiten gehört eine Madonna mit vier Heiligen auf besonderen 
Tafeln, vom Jahre 1454, in der Akademie zu Venedig; das 
Ganze noch auf Goldgrund gemalt und im Detail hart und 
2. überzierlich.  Ein grosses Altarwerk in S. Giovanni e Paolo, 
aus neun Bildern bestehend, lässt eine noch sehr nahe Ver-
	        
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