143.
Die
Bramantini.
Borgognone.
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von unten, als Reflex des Fussbodens. Unter anderen in 9.
Mailand vorhandenen Werken dieses Künstlers wird vornehm-
lich, über der Thür der Kirche S. Sepolcro, eine Darstellung
des todten Christus zwischen den Marieen "gerühmt, indem
hier die perspectivische Zeichnung des von den Füssen aus
verkürzten Leichnames unübertrefflich genannt wird. Leider
ist dies Gemälde jedoch, um es gegen die Witterung zu
schützen, so dicht mit Glas und Gittern verschlossen, dass
man durchaus nichts davon erkennen kann. Ein Altarbild in
der Sammlung des Duca Melzi in Mailand zeigt bei manchen
Sonderbarkeiten eine freie und schöne Zeichnung. Das 10-
edelste und vollendetste Werk des Meisters aber sind die
Fresken am Gewölbe der Brunokapelle in der Karthause von
Pavia, wo die Familie Visconti abgebildet ist, Welche der
Madonna den Plan dieser Kirche knieend überreicht. Hier
ist der Styl Bramantinds zu hoher, fast rafaelischer Voll-
kommenheit geläutert.
Dagegen hielten sich eine ganze Anzahl mailändischer
Maler sowohl von der paduanischen Weise als von der des
Leonardo ferne und bildeten, zum Theil mit sehr mässigem
Talente, die Richtung der ältern mailändisehen Schule mit
-der ihr eigenthümlichen Weichheit der Auflassung und der
Behandlung weiter aus, sodass wir sie trotz der späten Zeit
schon hier einzurcihen haben. Natürlich blieben einzelne ver-
lorene Einwirkungen von verschiedenen Seiten her nicht aus-
geschlossen.
Der namhafteste Künstler dieser Reihe ist Ambrogio 11-
Fossano, genannt Borgognone, dessen Blüthe in die
letzte Zeit des XV. und in den Anfang des XVI. Jahr-
hunderts fallt. Seine Bilder zeigen keine besondere Kraft,
keine genügende Durchbildung der Gestalten; dabei in den
Köpfen, vor Allem in den Kinderengeln, die er besonders
gern anbringt, eine bisweilen höchst liebenswürdige Milde
und Sanftmuth, bisweilen aber auch einen trüben und herben
Ausdruck, der von der Süssigkeit der gleichzeitigen Schüler
Leonarddß grell absticht. (Die bisweilen auffallende Aehn-
lichkeit mit dem Typus des Francesco Francia scheint wohl