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Bcrnhamd
VZIII
Orley.
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Bernhard van Orley, auch Barent von Brüssel
genannt (zu Brüssel 1471 geboren, 1541 gestorben). Frü-
here YVerke von ihm sind meist von trefflieher Charakteristik
und frischer, saftiger Färbung, spätere nach dem Aufenthalt
in der Schule Rafaels entstandene neigen sich einem flachen
Idealismus zu und sind besonders in der Carnation trocken.
Ein
schönes
Gemälde
des
iWIeisters
früherer
Zeit,
noch mehr der Vaterländischen Art und YVeise und der eignen
lebendigen Empflnduuig folgte, in dem Museum von Brüssel:
-der Leichnam des Erlösers von seinen Freunden und den
Frauen beweint; tiefer Ausdruck des Schmerzes und lilit-
leides bei anmuthvoller Bildung der Köpfe. Auf den Flügel-
bildern eine grosse Anzahl von Portraits. Ein Altarwerk,
Vermählung Maria zwischen Verkündigung und Darstellung
im Tempel, in der Kirche zu Lierre (zwischen Mecheln und
Antwerpenfa"). Ein sehr ähnliches Gemälde (ohne Flügel-
bilder) im StädePschen Institut zu Frankfurt a. M. (dort
Gio. Bellini genannt). Dem Brüsseler Bilde steht an
Werth am nächsten eine heilige Familie zu Keddlestonhall
(Landsitz des Lord Scarsdale); Adel und Feinheit der Cha-
raktere und vortreffliche Ausführung; der Ton in den Lich-
tern röthlich, in den Schatten grau. Im Belvedere zu Wien
ein treffliches Doppelbild, die Ausgiessung des heil. Geistes
und die Verfolgung der Apostel. Ein Gemälde der Münch-
ner Pinakothek; der heil. Norbert, die Glaubensmeinungen
des Ketzers Tanchlin widerlegend; sehr ausgezeichnete Köpfe,
reiche italienische Architelctur. Ein vortrefflich ausgeführtes
weibliches Bildniss in der (ehemaligen) Gemaldesammlung
des Königs von Holland im Haag, in der Art des Andrea
del Sarto. Ein Gemälde aus der späteren Zeit des Künst-
lers in der Kirche St. Jacob zu Antwerpen: das jüngste
5') Die prachtvollen Glasgemäilde in Saintc-Gudule zu Brüssel,
welche meist fürstliche Personen jener Zeit nebst ihren Schutzheiligen
in reichsten Renaissancearchitekturen darstellen, werden bald Orley,
bald Cocxie, bald sogar Rogicr van der Weyde zugeschrieben. Das
Figürliche ist nicht bedeutend, das Decorative aber wahrhaft unver-
gleichlich.
ü") Vergl. Waagen im D. Kstbl. 1847. S. 219 f.