572
Buch
Norden.
XVI.
Jahrhundert.
Niederländer.
258.
eine ausserordentlich blühende, ins Breite gehende Kunst-
übung entsprechen musste. Die Malerei war als Lieblings-
beschäftigung auch auf vornehme und ausgezeichnete Laien
übergegangen, wie denn Johannes Secundus und der grosse
Desiderius Erasmus von Rotterdamak) sich gerne damit be-
schäftigten; selbst bei Johann Schoreel war die Kunst wohl
eher die Liebhaberei eines reichen Mannes als ein Gewerbe.
Allerdings erschien keine Potenz mehr wie die Brüder van
Eyck; grosse neue Kunstprincipien, welche die Richtung des
XV. Jahrhunderts Wesentlich umgestaltet hätten, sind bis auf
die Nachahmung der Italiener nicht. zu-bemerken; man be-
gnügt sich, das Einzelne gründlicher und lebendiger auszu-
bilden und durch harmonischere Gesammtbehandlung, na-
mentlich der Farbe, dem wirklichen Leben mehr zu nähern,
wobei das Kindliche und feierliche Prächtige der altflan-
drischen Schule mehr und -mehr zurücktrat. Hatte dieselbe
bisher in ihren meisten Werken eine WVelt im Kleinen dar-
zustellen gesucht und eine möglichst grosse Fülle sorgsam
behandelter Einzelheiten darin zusammengedrängt, so gehen
jetzt die einzelnen Gegenstände und Gattungen in selbstän-
dige Darstellungen auseinander; Genrebild, Landschaft, Still-
leben treten zuerst in den Niederlanden mit abgesonderter
Gültigkeit auf, während andererseits das Altarbild allmälig
den vielen Nebendingen entsagt, um sich auf eine harmonische
Entwickelung des Vorganges zu beschränken. Das Haupt-
gewicht ruht in dieser Zeit nicht mehr auf Flandern, sondern
auf Brabant und Holland. Wir betrachten zunächst einige
holländische Künstler.
Ein guter Meister dieser Zeit, wenn auch keiner Von
den vorziiglichsten, ist Cornelius Engelbrechtseni")
aus Leyden (1468-1533). Das einzige bekannte Hauptwerk
von ihm befindet sich im Stadthause zu Leyden. Es ist ein
Altargemälde, auf dem Mittelbilde die Kreuzigung Christi,
m) Vgl. Kunstbl. 1843, N0. (S3, wo seine Arbeiten aufgezählt sind.
H) S chnaase, Niederländische Briefe, bes. S. 66. Passavanfs
Beiträge etg, im Kunstbl. 184], N0. 11 u. f. und 1843, N0. 63 u. f.
Beide Citate gelten für dieses ganze Capitel.