562
Buch
Norden.
XVI.
J ahrh.
N-iederdeutschland.
Rückschlag der durch den fiandrischen Realismus zurück-
gedrängten Gtemüthswelt der altkölnischen Schule. Man wird
bei mehrern der zu erwähnenden Bilder an Rogier van der
Weyde und seine Art des Aifektes erinnert. Gegen die Mitte
des XVI. Jahrhunderts gesellt sich eine bizarre, manierirte
Leidenschaftlichkeit hinzu.
Billig machen wir den Anfang mit einem kölnischen
Meister, welcher unter dem falschen Namen des Niederländers
Johann Schcreel bekannt ist und neuerlich als „M eister
des Todes Maria" bezeichnet wird. Dieses eben genannte,
vorzügliche Bild belindet sich in der Pinakothek zu München.
Die Apostel sind um das Bette der sterbenden Maria, zum
Theil in sehr äusserlicher Weise beschäftigt; im Einzelnen
jedoch ist ein schöner Ausdruck, in der Maria eine selige
Ruhe zu bemerken. Die Gewandung erscheint etwas schwer
und manierirt; die Oertlichkeit ist ein durchaus nieder-
ländisch, in gutem Helldunkel dargestelltes Zimmer. Auf
den Seitenbildern Heilige mit der Familie des Stifters, diese
in sehr würdiger Anordnung und, namentlich die Weiblichen
Köpfe, von grösstem Liebreiz. Eine ähnliche, kleinere
Darstellung desselben Meisters, mit der (sehr verdächtigen)
Jahrzahl 1515 besitzt das Kölner Museum. Das Mittelbild
ist hier in der Composition noch zerstreuter, in Stellungen
und Gewandungen noch manierirter, in den Köpfen von selt-
samer Bildung, die Flügel dagegen von echter, anmuthiger
Naiyetätx). Das Hauptwerk dieses Meisters ist ein Altar-
blatt mit Flügeln im StädePschen Änstitut, vom Jahre 1524.
Die Mitte stellt die Klage um den Leichnam Christi, die
Flügel den Joseph von Arimathia (oder S. Ludwig) mit der
Dornenkrone und die heil. Veroniea mit dem Schweisstueh
dar, alles in fast lebensgrossen Knieüguren; auf den Aussen-
seiten, "grau in grau, die Yerkündigung. Ohne sonderliche
Energie wirkt doch das Ganze bedeutend genug durch die im
'19) Ein drittes Bild der sterbenden Maria, welches in der Galerie
von Darmstadt demselben Meister beigelegt wird, ist von einer ungleich
befangneren Hand.