Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

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Buch 
Norden. 
XVI. 
J ahrh. 
N-iederdeutschland. 
Rückschlag der durch den fiandrischen Realismus zurück- 
gedrängten Gtemüthswelt der altkölnischen Schule. Man wird 
bei mehrern der zu erwähnenden Bilder an Rogier van der 
Weyde und seine Art des Aifektes erinnert. Gegen die Mitte 
des XVI. Jahrhunderts gesellt sich eine bizarre, manierirte 
Leidenschaftlichkeit hinzu. 
Billig machen wir den Anfang mit einem kölnischen 
Meister, welcher unter dem falschen Namen des Niederländers 
Johann Schcreel bekannt ist und neuerlich als „M eister 
des Todes Maria" bezeichnet wird. Dieses eben genannte, 
vorzügliche Bild belindet sich in der Pinakothek zu München. 
Die Apostel sind um das Bette der sterbenden Maria, zum 
Theil in sehr äusserlicher Weise beschäftigt; im Einzelnen 
jedoch ist ein schöner Ausdruck, in der Maria eine selige 
Ruhe zu bemerken. Die Gewandung erscheint etwas schwer 
und manierirt; die Oertlichkeit ist ein durchaus nieder- 
ländisch, in gutem Helldunkel dargestelltes Zimmer. Auf 
den Seitenbildern Heilige mit der Familie des Stifters, diese 
in sehr würdiger Anordnung und, namentlich die Weiblichen 
Köpfe, von grösstem Liebreiz.  Eine ähnliche, kleinere 
Darstellung desselben Meisters, mit der (sehr verdächtigen) 
Jahrzahl 1515 besitzt das Kölner Museum. Das Mittelbild 
ist hier in der Composition noch zerstreuter, in Stellungen 
und Gewandungen noch manierirter, in den Köpfen von selt- 
samer Bildung, die Flügel dagegen von echter, anmuthiger 
Naiyetätx). Das Hauptwerk dieses Meisters ist ein Altar- 
blatt mit Flügeln im StädePschen Änstitut, vom Jahre 1524. 
Die Mitte stellt die Klage um den Leichnam Christi, die 
Flügel den Joseph von Arimathia (oder S. Ludwig) mit der 
Dornenkrone und die heil. Veroniea mit dem Schweisstueh 
dar, alles in fast lebensgrossen Knieüguren; auf den Aussen- 
seiten, "grau in grau, die Yerkündigung. Ohne sonderliche 
Energie wirkt doch das Ganze bedeutend genug durch die im 
'19) Ein drittes Bild der sterbenden Maria, welches in der Galerie 
von Darmstadt demselben Meister beigelegt wird, ist von einer ungleich 
befangneren Hand.
	        
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