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Buch IV.
Norden.
XVI. Jahrh.
Niederdeuischland. 254.
255.
den Humor dieser Bilder mögen wenige Züge einen Begriff
gehen. Der Tod nimmt dem Papst ganz sachte die Krone
und Stola weg; dem Abt streichelt er das fette Kinn; den
Ritter packt er von hinten den Speer; mit dem Kriegsniann
marschirt er, mit der Dirne buhlt er; den Handwerkshurschen
bringter zum willigen Tanz; das Kind lockt er mit den
lustigen Weisen seiner Pfeife; dem Maler (ManueYs eigne
Gestalt in prachtvollem Costüm) zieht er leise den Stock weg.
Als letztes Bild ist ein Feld voll Leichen beigefügt; der Tod
mäht mit der Sichel; von einer Kanzel herab zeigt ein Pre-
diger einen Todtenkopf.
Auch ein anderes lilrescobild, vom Jahre 1518, Saloxnds
Götzendienst, ist nur in einer kleinen Copic vorhanden, welche
sich nebst einer alten Copie des Todtentanzes und einer
grossen, in Oel auf Leinwand gemalten höchst ergötzlichen
Bauernhochzeit im Besitz der Familie Manucl zu Bern be-
findet. Eins der letzten Bilder des Meisters, sein eignes
trelfliches Portrait in der Berner Stadtbibliothek, schildert ihn
gealtert, ernst und leidende?!
Viertes
Capitel.
Rheinische
und
westpllälische
Schulen.
g. 255. Die Entwickelung der Malerei am Niedcrrhcin
und in Westfalen "im XVI. Jahrhundert könlmt dem glanz-
vollen Aufschwung der oberdeutschen auf keine YVeise gleich.
Es fehlen die grossen, neuschaffendeil Genien, welche durch
eigene Werke wie durch Anregung der Meister zweiten Ran-
ges über die Schulen von Nürnberg, Ulm, Augsburg und
von einer künstlerisch bewussten Anordnung, welche in den Landschaf-
ten der Schule Diil-efs nur selten, bei den gleichzeitigen Niederländern
aber nirgends vorkömmt.