Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

254. 
Niclaus 
ManuePs 
Todtentanz 
etc. 
559 
die Prinzessin mit ihren zwei Begleiterinnen aus der Hand 
des halb abgewendeten Henkers das blutende Haupt auf 
einer Schüssel, indess der Leichnam von zwei Schergen fort- 
getragen wird; hinten, über einer Landschaft, leuchtet. die 
untergehende Sonne matt durch graue, sturmgejagte, von 
Blitzen durchzuckte Wolken; oben schliesst das architektonisch 
eingefasste Bild mit einem goldenen Fruchstkranz. 
Leider ist das wichtigste Werk Manuels nur noch in 
Copien vorhanden: der grosse Todtentanz, welchen er 
etwa 1514-1522 an der Kirchhofsmauei- des Dominicaner- 
klosters zu Bern in 46 grossen Frescobildern ausführte"). 
Das Hauptniotiv ist hier nicht wie bei Holbein die plötzliche 
grausame Ueberraschung durch den Tod mitten im täglichen 
Leben, sondern vielmehr der bisweilen fast gutmüthige Scherz, 
Welchen der Tod mit den verschiedenen Ständen treibt. Die 
Wenigsten erscheinen auch nur überrascht; ein Einziger setzt 
sich zur WVehre, und zwar ist diess der Narr; von der dämo- 
nischen Bosheit des Todes, von der Angst und Verzweiflung 
seiner Üpfer, wie Holbein diess schilderte, ist. hier keine Spur; 
die Meisten gehen willig auf die, Spässe des Todes ein, 
Holbein hat das Bittre, Manuel nur das Unausweichliche her- 
vorgehoben; Jener ist tiefer, vielseitiger und führt auch auf 
dem Gebiete des Phantastischen seine unerschütterliche Beob- 
achtung des Lebens bis in alle Einzelheiten, selbst der 
Localität durch; dieser vermeidet das Allzuwirkliche, verein- 
facht die Scenen und giebt ihnen einen halbidealen Hinter- 
grund: eine Bogenhalle mit herrlicher Aussicht auf die Ge- 
birge, Städte und Seen der Heimathix).  Von dem gelin- 
ü) Niklaus Nlanuels lbdtentanz, lith. nach W. Stettler's Copien 
bBern bei R. Haag u. Comp. 
H) Wenn irgendwo der Schüler der Venetianer sich kenntlich macht, 
so ist es in diesen höchst edel und einfach componirten Landschaften, 
welche direkt an Giorgione und die frühem Werke Tizians anklingen. 
Vasari sagt, Tizian habe einige deutsche Landschaftsmaler bei sich im 
Hause gehabt und mit ihnen studirt; möglicherweise war Manuel einer 
davon; gewiss hat er aber eher von Tizian gelernt als dieser von ihm. 
Die "oben erwähnten Landschaften der Tbmperabilder ManuePs sind 
Zwar reicher und bunter als die des Todtentanzes, aber noch immer
	        
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