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Buch IV.
Norden.
XVI.
Jahrhundert.
Holbein d. j.
aus! Und doch hatte der Künstler damals vielleicht das zwan-
zigste Jahr noch nicht um Vieles überschrittena"). In diesen
kleinen Blättchen ist eine Welt von Gedanken und Bezügen
mit höchster Meisterschaft zusammengefasst.
ä. 253. H0lbein's Aufenthalt in England bildet eine
zweite, allerdings minder ansprechende Periode in seinem
Leben. "Bisher hatte er mit jedem Werk ein neues Gebiet
erobert, einen neuen Fortschritt beurkundet; alle Höhen
wenigstens der lurofanen Historienmalerei waren ihm erreich-
bar und mehr als eine schon erklommen. Die Vielartigkeit
des Daseins stand ihm in einer Fülle und Tiefe zu Gebote,
wie kaum einem andern Maler jener grossen Zeit, und wenn
die ideale Grösse der Italiener, die Strenge Dürefs nicht
sein Element war, so bot der Reiehtlium und die Gewalt sei-
ner Charakteristik einen um so edlern Ersatz, als sie das
Grelle und Gemeine entweder vermied oder es einem höhern
künstlerischen Gesetz unterordnete. Holbein war jetzt neben
Dürer der grösste Maler der deutschen Nation "und des Nor-
dens überhaupt. Dass er fortan (seit 1526) als Bildniss-
maler") an dem blutbelieekten Hofe Heinrichs VIII. sein
Genüge fand, ist für ihn wie für seine Zeit bezeichnend.
Man möchte glauben, dass seine tiefste Neigung schon mit
der Darstellung der einzelnen Mensehengestalt sich zufrieden
gegeben, während zugleich jene Epoche der Geistergährung
und der subjectiven Geltendmachung von der Kunst wesent-
lich die Darstellung von Einzeleharakteren verlangt habe.
Üeberdiess sind die wenigen historischen Gemälde aus dieser
Epoche Holbeins untergegangen, so z. B. der Triumph des
Reichthums und der Triumph der Armuth, im Hause der
ü) Rumohr setzt den Beginn der Arbeit um 1518; höchst wahr-
scheinlich ist dieselbe lange vor der Publication in Holzschnitt, ja
wenigstens vor der Uebersiedelung nach England vollendet. Die an
den ältern Todtentanz des Predigerklosters erinnernden Motive sind
aufgezählt bei Waagen a. a. O. II., S. 294.
Theilweise auch als Architekt. In Wiltonhouse, dem Landsitze
des Grafen von Pembroke, ist noch eine Halle von seiner Erfindung
vorhanden.