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Zweites Abendmahl,
Passion
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frühes Werk sei, schliesst man aus der nahen Verw-andt-
schaft mit der vom altern Holbein gemalten Legende des
heil. Paulus in der Augsburger Galerie (s. oben S. 449); aus
der Ueberfülle einzelner Compositionen, in welchen der
Künstler nicht Motive genug glaubte zusammendrängen zu
können; aus der manicrirten Ucbertreibung in der Geisse-
lung, Welche hierin noch an den alten Holbein erinnert; aus
einzelnen starken Verzeichnungen; endlich aus der über-
fleissigen, prachtvoll miniaturmässigen Ausführung. Anderer-
seits ist (las Werk mit einer solchen Fülle von Geist und
erlebter Psychologie durchdrungen und hie und da von einer
so reinen dramatischen Grösse, dass man es doch nicht wohl
in das zwanzigste Altersjahr des Künstlers verlegen kanna");
auch spricht ein direkt italienischer Einfluss dagegen, Welcher
eben sowohl auf die römische .als auf die mailändische
Schule hinweist und etwa an den Styl des Gaudenzio Fer-
rari zu knüpfen wäre. Das Ganze trägt. den Charakter an-
gestrengten Einzelstudiums, als hätte der Künstler diessmal
das Vollendetste und Durchgebildetste geben wollen, und
hieraus mag sich am besten das Befangene, Bewusste und
Absichtliche erklären, was diese Passion von seinen frühern
und spätern YVerken unterscheidet. Es sind acht ziemlich
kleine Bilder von ungünstig hohem Format, in einem Rahmen
zu vieren übereinander vereinigt; die Momente vom Leiden
am Oelberg bis zur Grablegung darstellend. An grosser,
feierlicher Fassung des Gegenstandes ist Holbein hier mit
Dürer lange nicht zu vergleichen; ihn beschäftigt vor Allem
das psychologische und malerische Problem. Sein Christus
am Oelberg ist nicht von besonderer WVürde, aber von tief-
stem Leidensausdruck beseelt und durch den meisterhaften
Lichteffekt der Engelserscheinung gehoben; mehr für den
Maler geeignet und höchst bewundernswerth ist die nächt-
liche Scene- des Verrathes und das Verhör vor Kaiphas, bei
Zigen E5 durchaüs überwiegt. Lithographien in der Grösse der
Originale unter dem Titel „Auswahl der Werke Hans Holbeins
de_s Jiingern etcf", Erster ThL, Basel, Birmann u. Söhne.
ü) Wie Waagen vorschlägt, Deutschland, I], S. 21].
Kugler Manlerei II. 35