Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

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Buch 
Norden. 
XVI. Jahrhundert. 
Holbein d.  
genügt noch die Annahme, dass Holbein Kupferstiche der 
Schule Mantegnzüs vor Augen gehabt; für die folgende Zeit. 
dagegen wird man wohl einen wenn auch kurzen Aufenthalt 
im Süden, wenigstens in Oberitalien zugeben müssen, inso- 
fern gerade die Anklänge an Leonardo da Vinci allzu augen- 
fällig sind. 
Dies gilt zunächst von dem über lebensgrossen, liegen- 
den Leichnam Christi, mit der Jahrzahl 1521, in der 
öffentl. Sammlung zu Basel. Es ist der keinesweges unedle 
Körper eines gewaltsam Getödtetenü), grünlich blass, mit 
unterla-ufenem Blute und somit allerdings von einer gräss- 
lichen Wahrheit, aber mit einer Meisterschaft, mit einer 
Fülle malerischen Wissens und Könnens behandelt, welche 
bei einem so jungen Künstler die höchste Bewunderung 
erregt, Die Zeichnung ist. selbst in den Verkürzungen, 
z. B. der Füsse, vollkommen zu nennen, die Plastik und 
ihre Bezeichnung im Helldunkel von höchster Vollendung 
und ohne Härte. 
Wenn hier besonders die Ausführung auf Lionardo als 
Vorbild hinzudeuten scheint, so ist in einem zweiten Abend- 
mahl derselben Sammlung schon die Conception theilweise 
ganz sichtbar von dem Abendmahl in Mailand bedingt. Die 
symmetrische Zeichnung, wenn auch wesentlich verschiedene 
Anordnung, die ungleich minder individuellen, zum Theil 
selbst idealen Köpfe und eine gewisse Allgemeinheit der 
Behandlung, ganz besonders aber die Gestalt Christi lassen 
dies nicht verkennen. Der Kopf des Judas ist echt jüdisch 
und von furchtbarer Gemeinheit.  
Wiederum eine ganz verschiedene Behandlung zeigt sich 
in der berühmten Passion (152O-1525?) in derselben 
Sammlung. Rücksichtlich der Entstehungszeit herrschen die 
unvereinbarsten Ansichten die); dass es ein verhältnissmässig 
 Eines hingerichteten Juden, wie die Sage will. 
H) Selbst an der Authenticität hat man zu rütteln gesucht; Ru- 
mohr wollte wenigstens eine Mitwirkung der ganzen Holbeidschen 
Familie annehmen. Dies ist ganz unnöthig, da selbst in den" abwei- 
chendsten Theilen (z. B. der Grablegnng) das Gemeinsame einer ein-
	        
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