Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 2)

524 
Buch IV. 
Norden. 
XV I. 
Jahrhundert. 
Sachsen. 
246. 
blösst, indem er mit seltsam diabolischem Hohn auf jenen 
herabschaut. Im Hintergrunde ein ifelsiges Gebirge. Ich 
glaubte in dem Bilde einen Moment aus der alten Geschichte 
des Tannhäusers, der zu dem Venusberge verlockt Ward, zu 
erkennen ü).  Ein andres reiehes Mährchenbild, dazu das 
alte Testament den Stoff hergegeben, befindet. sich in der 
öffentlichen Galerie zu Augsburg. Man sieht hier Delila, in 
einem schönen Garten sitzend, und den Simson, der als ein 
stolzer Ritter mit reichen Goldschienen angethan ist und, den 
Eselskinnbacken in der Hand, in ihrem Schoosse schläft. 
Sie schneidet ihm mit einer zierlichen Scheere die Haare ab. 
Im Walde schleichen wohlgerüstet die Philister heran; zur 
Seite ist eine schöne, reiche Aussicht.  Sehr anziehend ist. 
ferner ein kleines Bild _der Gemälde-Galerie des Berliner 
Museums, welches Apollo und Diana im Walde vorzustellen 
scheint. Beide sind nackt. Apollo, ein bärtiger Wann mit 
Pfeil und Bogen, ist zwar, wie gewöhnlich Cranaclfs männ- 
liche Figuren der Art, nicht sonderlich bedeutend. Diana 
dagegen, die in einer zierlich naiven Stellung auf dem Rücken 
eines stattlichen Hirsehes sitzt, hat einen eigenthümlichen 
Liebreiz; es ist die jungfräuliche Königin des Waldes, die 
der Jäger zur einsamen Mittagsstunde zuweilen an heimlicher 
Stätte erblickt; ein phantastischer Nachklang verschollener Ge- 
bilde des Alterthums. 
Aehnliche Gestalten hat Cranach mannigfach darzustellen 
beliebt, vornehmlich Venusbilder, denen man nicht selten in 
i?) Der Apfel, den auf einem entsprechenden Holzschnitt Cranaclfs 
die Eine der nackten Schönen in der Hand trägt, lässt wohl keinen 
Zweifel, dass das bekannte Urtheil des Paris gemeint ist. Der Alte 
mit dem Flügelhelm ist Niemand anders als Merkur, der übrigens 
(wie die ganze Darstellung) u. a. in einer altfranzösischen Miniatur im 
Berliner Kupfersticlicabinct beiAltdorfer (Bartsch N0. 60) und auch anders- 
wo, -z. B. in den alten Tarokkarten des Ugiogo di Mantegna" ähnlich zu er- 
blicken ist. Noch weniger als an "Tannhäuser" wird natürlich (mit 
Rathgeber und Schuchardf) an König Alfred und die _drei 'I'öchter 
Albonaks zu denken sein. Vergl. Kugler selbst im D. Kstbl. 1852 3.60. 
Den Kern seiner Behauptungen, das Phantastische in Cranachs be- 
treffenden Bildern dürfte wohl Niemand anfechtenwollen. v. B1.
	        
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