Cranach d. ;
Mährched-
u. Mythenbilder.
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Esterhazy zu Wien, u. s. w. Ungleich anziehender jedoch 12.
ist die Darstellung Christi, welcher die Kinder segnet, die
Cranach ebenfalls mehrfach, in verschiedener Weise gemalt
hat. Eins der schönsten Exemplare dieser Darstellung be-13_
findet sich, in der Wenzelkirche zu Naumburg; was den Zau-
ber der Unschuld, der naiven Grazie und tiefsten Gemüthlich-
keit anbetrifft, so möchte dies Bild vielleicht von keiner
andern Leistung des Meisters übertroffen werden. Ein zwei-M.
tes Bild desselben Inhalts sieht man in der St. Annenkirehe
zu Augsburg, ein drittes (vortreffliches) in der Sammlung von I5.
Thomas Baring in London, ein viertes im Besitz der Familie 16.
von Holzhausen zu Frankfurt a, M., u. s. w.; auf letzterem
Bilde sind Luther und seine Frau als Kinder dargestellt.
Hieher gehören auch verschiedene kleine Bilder Cranaclfs mit
Darstellungen der iheil. Familie, wie sich z. B. ein sehr an- 17,
muthiges Bild der Art, vom Jahre 1504 in der Galerie Sciarra
zu Rom, ein andres im Besitz des Herrn Campe zu Nürn-IS.
berg befindet. Eins der nicht eben zahlreichen Legenden-lt).
bilder Cranaclfs, die heil. Ursula mit ihren Jungfrauen in der
öffentlichen Sammlung zu Basel, ist überreich an anniuthigen
Mädchenköpfen.
ä. 246. Aber auch bei Cranach hat, wie bereits ange-
deutet wurde, die allgemeine Richtung der Zeit aufs Phan-
tastische eine eigenthümlich selbständige Ausbildung erlangt,
und erscheint dann mit allem Zauber, welchen die Poesie der
Mährehemrelt zu bieten vermag, geschmückt. Unter den
Werken der Art war mir besonders ein kleines Bild inter- I.
essant, welches sich unter den Gemälden des "gothischen
Hauses" im Park zu Wörlitz befand und im dortigen Kata-
l0ge, nicht ganz passend, als „der Ritter am Scheidewege"
bezeichnet war. Man sieht auf dem Bilde einen stahlgepan-
Zerten Ritter, der sinnend auf einem Steine sitzt, und _vor
ihm drei nackte Jungfrauen, welche farbige Schleier um ihre
Hüften tragen, das Haupt mit Hut, Netz und Ketten ge-
schmückt. Zwischen den Jungfrauen und dein Ritter steht
ein Greis in goldglänzendem Harnisch, den Helm mit Schnä-
beln und Flügeln verziert, die Füsse von den Knien an ent-