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Buch
Norden.
XVI.
Jahrhundert.
A. Dürer.
drängen sich nach; auf der andern Seite hoch oben am Fel-
sen, in weiter Ferne, sieht man einen zerstreuten Haufen von
schon Fliehenden in einem Hohlwege umwenden. Die Ent-
scheidung und der Brennpunkt des Ganzen tritt aus der Mitte
weit glänzend hervor. Alexander und Darius, beide in ganz
goldner Rüstung strahlend; Alexander auf dem Bucephalus
mit eingelegter Lanze allen den Seinigen weit zuvoreilend,
und auf den fliehenden Darius eindringend, dessen Wagen-
führer schon auf die weissen Rosse gefallen ist, und der sich
mit der Betrübniss eines besiegten Königs nach seinem Sie-
ger umschautm"). In Bezug auf das Landschaftliche dieses
im Jahre 1529 gemalten Bildes bemerke ich noch, dass das-
selbe vollkommen den Werken gleichzeitiger Niederländer
(des Patenier und Andrer) zur Seite steht, oder vielmehr
diese noch an Wahrheit und Grossartigkeit übertrifft. Vor-
trefflich ist in dieser Beziehung namentlich ein Felsenberg
in der Mitte des Bildes, mit schönen Waldabhängen; daran
ein Schloss und ein Weg der emporführt; am Fuss des Ber-
ges eine Ruine, die seitwärts von derSonne beleuchtet wird.
Diese Ruine ist mit einem so feinen Gefühle für die Er-
scheinungen der Natur gemalt, dass allein schon ein Talent
solcher Art den Künstler zu den meisterhaftesten Leistungen
befähigt haben würde. Uebrigens ist das Bild ein sprechen-
der Beleg für die damals noch neue Begeisterung für das
Alterthum,
Gleichfalls von ausgezeichnetem [Werthe ist ein zweites
Gemälde Altd0rfer's, ehemals in der Schleissheimer Galerie.
Dasselbe ist auf beiden Seiten bemalt. Die Vorderseite stellt
die Madonna mit dem Kinde dar. Maria ist eine anmuth-
volle Figur mit edlen Linien der Gewandung und mit
liebenswürdigem Ausdrucke des Gesichtes. "Das Kind steht
segnend auf ihrem Schoosse, im dünnen, durchsichtigen Hemd-
chen, und hält den Rosenkranz in der liland. Umher ist
ein grosser Chor lustig musicirender Engel, der sich in den
i) Fiorillo: Geschichte der zeichuenden Künste in Deutschland,
S. 407 f. (Wenn ich nicht irre, nach F. SchlegePs Bericht.)