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Buch IV. Norden.
XVI. Jahrhundert.
Dürer.
es mit Gewissheit erwiesen istaf), von Dürer selbst dem Rathe
seiner Vaterstadt als ein Gedächtniss seiner künstlerischen
Wirksamkeit, zugleich aber auch als eine ernste, fortdauernde
Mahnung in jener sturmbewegten Zeit, verehrt; im XVII.
Jahrhundert wurde es jedoch dem Kurfürsten Maximilian I.
von Baiern überlassen, die von Dürer selbst herrührenden
Unterschriften der Bilder, welche bei einem katholischen
Fürsten Anstoss erregen durften, abgetrennt und den (übrigens
nicht verwerflichen) Kopien, welche für den Verlust der
Originale entschädigen sollten, angefügt. So befinden sich
15. letztere gegenwärtig noch in der Sammlung des Landauer
Brüderhauses zu Nürnberg. Diese Gemälde sind aus den
tiefsten Gedanken, welche dazumal den Geist des Meisters
bewegten, hervorgegangen und mit der überzeugendsten
Kraft und Vollendung der Darstellung ausgeführt; sie bilden
das erste vollendete Kunstwerk, welches der Protestantismus
hervorgebracht hat. Wie die Unterschriften, aus den Briefen
und Evangelien jener Apostel entnommen, eindringliche
Warnungen enthalten, nicht von dem Worte Gottes zu
weichen und den Lehren der falschen Propheten nicht zu
glauben, so stehen auch die Gestalten selbst als die festen
und getreuen Hüter der heiligen Schrift, die sie in den
Händen tragen, da. Zugleich ist es eine alte Tradition, die
bis zu Dürer's Lebzeiten hinanreiclxtakf), dass in diesen Ge-
stalten die vier Temperamente dargestellt seien. Auch dieser
Umstand, der durch die Gemälde selbst bestätigt wird und
der, für den ersten Anblick, auf einer willkürlichen Combi-
nation zu beruhen scheint, dient gerade zu einer tieferen
Durchführung jenes Gedankens und zu einer ergreifender-an
Individualisirung der Gestalten; er zeigt es, wie eine jede
menschliche Gernüthsbeschaffenheit zum Dienste des gött-
lichen Wortes berufen ist. So sehen wir auf dem ersten
Bilde die nach innen gerichtete Thätigkeit des Geistes, den
a) Heller, a. a. O. S. 205. Hotho bezweifelt obiges.
H) Neudörffer (Nachrichten von den vornehmsten
Nürnberg's, Nürnb. 1828) in den Notizen über Dürer.
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