239.
Dürefs
Werke
VOII
1515.
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Einzelnen ungemein geschmackvoll und mit lebendigem Ge-
fühl gezeichnet. Die grossen Reihen der Bildnisse, welche
die Vorgänger und Vorfahren des Kaisers, von Julius Cäsar
und dem Merovinger Chlodwig an, und seine gesammte .
Verwandtschaft darstellen, sind durch die ausserordentliche
Mannichfaltigkeit charakteristischer Köpfe merkwürdig, wel-
che der Künstler, der natürlich nicht nach vorhandenen
Bildnissen arbeiten konnte, hiefür erfunden hat. Die histo-
rischen Darstellungen enthalten die Glanzmomente aus dem
Leben des Kaisers; in ihnen tritt jedoch mehr der kaiser-
liche Historiograph, welcher dieselben angeordnet hat, als
der Künstler, dem die Ausführung übertragen wurde, hervor;
eigentlich künstlerische Momente sind unter diesen Dar-
stellungen ziemlich selten, doch kommen auch deren im
Einzelnen, vornehmlich wo die Handlung aus wenigen Fi-
guren besteht, recht anziehende vor. Immerhin ist das
Ganze ein Werk, Welches die ungemeine Beweglichkeit,_
deren der Geist unsres Meisters fähig war, in glänzender
Weise darlegt.
lm Jahre 1515 fertigte Dürer ausserdem die berühmten 17_
Randzeichnungen des Gebetbuches für Kaiser Maximilian,
welches sich gegenwärtig in der Hof-Bibliothek von Mün-
chen befindet"). In diesen, höchst geistreich ausgeführten
Federzeichnungen waltet die Phantasie des Künstlers in
vollkommener Freiheit, bald ernst und voll hoher Würde,
bald anmuthig spielend, bald in humoristischen Scherzen
mannichfacher Art. Hier kommt es im Ganzen nicht so-
wohl auf einen gegebenen Gegenstand von besonderer Tiefe
des Inhalts an, als vielmehr nurauf geschmackvolle Aus-
füllung eines gegebenen Raumes; und wenn der Künstler
auch nicht immer die Bedeutsamkeit des Textes, den er mit
Seinen Arabesken verzierte, im Auge behalten mag, so ist
das Spiel seiner Phantasie doch nirgend ins Bizarre und
Uebertfiebelle, der Scherz nie in Gemeinheit verfallen (wie
4') Lith. von S tri xn e r ,
logische Handzeichnungen."
1808:
christlich-mytho-
Diirer's
"Albrecht