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Buch IV.
Norden.
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und über ihnen die furchtbare Ritterschaft auf den feuer-
speienden Löwenrossen! Doch es würde zu weit führen,
wollte ich in alle Einzelheiten dieser merkwürdigen Darstel-
lungen näher eingehen. Ich wende mich wieder zu denGe-
mälden
Vom Jahre 1500 sind mir verchiedene Gemälde Dürefs
bekannt. Das erste und bedeutendste ist sein eignes Portrait
5_ in der Münchner Pinakothek, welches ihn gerade von vorn,
die Hand an den Pelzbesatz des Kleides gelegt, darstellt. Es
ist ein bedeutender Unterschied zwischen diesem und dem
eben besprochenen Portrait zu Florenz, obgleich der Künstler
hier nur zwei Jahre älter ist; ein Unterschied, der auf eine
merkwürdige Krisis, welche in der Entwickelung seines
Inneren vorgegangen sein muss, schliessen lässt. In jenem
Bilde erscheint er noch als ein gutmüthiger, harmloser Jüng-
ling; hier ist er plötzlich zum Manne gereift. Seine Züge
sind voll und kräftig geworden, sie haben den Ausdruck
eines durchgebildeten Charakters gewonnen, Stirn und Auge
geben das Zeugniss eines ernsten, tiefdenkenden Geistes.
So ist auch die eigenthüinliche Technik, welche zu dem be-
sonderen Gepräge in Dürefs späteren Werken so viel bei-
trägt, hier bereits vollständig vorhanden, vornehmlich jene
dünnen Lasuren in den Schatten der Carnation, die dem in
Rede stehenden Bilde sogar eine fast gläserne Durchsichtig-
keit geben. Dabei ist jedoch die Modellirung vortrefflich,
wenngleich noch etwas streng, und wenngleich bedeutende
Restaurationen sichtbar werden. Die Haare, die in schönem
Reichthum auf beide Schultern niederfallen, sind sehr fein ge-
malt; die Hand, welche über der Brust das Pelzwerk des-
Oberkleides fasst, ist noch steif in der Zeichnung und, was
im Gegensatz zur Malerei des Gesichtes auffallend ist, stark
impa.stirt. Dass die Wiederholung dieses Bildes auf der
ü) Das Bildnias des Oswald Krel in der Münchner Pinakothek ist
uns nicht mehr im Gedächtniss. Es ist bezeichnet 1499 und haf einen
rothen Teppich und eine Landschaft zum Hintergrunde.