Frühste
Portraits.
Apooalypsg,
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licher Zipfelmütze und mit braunem Mantel über der linken
Schulter; sein Haar fällt in sorgfältig gedrehten Ringellocken
herab. Die Malerei hat hier, bei ziemlicher Schärfe der
Zeichnung, noch etwas eigen Breites und Weichliches, beson-
ders in den Lichtern (wie es in späterer Zeit kaum wieder
vorkömmt), die Schatten der Carnation sind licht bronzeartig
gehalten. Der Ausdruck des Gesichtes ist ehrlich und schlicht,
doch nicht ohne ein gewisses naives Wohlgefallen an der
eignen, allerdings herrlichen Persönlichkeit (das sich auch in
den Briefen, die er 8 Jahre später an Pirckheimer schrieb,
ziemlich unverholen ausspricht).
In demselben Jahre (1498) erschienen Dürer's Holz- 5.
schnitte zur OHienharung Johannis, in denen wir vielleicht
zugleich (wie es wenigstens bei anderen ähnlichen Werken
der Fall ist) Beispiele seiner Thätigkeit aus den nächst voran-
gegangenen Jahren sehen dürfen. In diesen Compositionen
zeigt sich der Künstler bereits in hoher und eigenthümlicher
Vollendung, und gerade hier ist es jenes phantastische Ele-
ment, welches, dem Gegenstande zufolge, die Grundlage des
Ganzen bildet. Mit der eigenthümlichsten Poesie sind jene
mystischen Aufgaben erfasst; in lebendiger körperlicher Ge-
stalt tritt uns hier das Wunderbare und Ungeheuerliche ent-
gegen. Es ist im Einzelnen eine Kraft der Darstellung und
eine Grossartigkeit der Conception darin, die um so mehr
überraschen, als die formlosen und überschwenglichen An-
schauungen der Schrift den Künstler so leicht, wie es bei
anderen Bearbeitern dieses Gegenstandes in der That häufig I
genug geschehen ist, hätten auf Abwege führen können. Wie
gewaltig ist jenes zweite Blatt, Iwo der Alte mit den feuer-
flammenden Augen, der die sieben Sterne in der Rechten
und ein zweischneidiges Schwert am Munde trägt, zwischen
den sieben wundersamen Leuchtern thront, und Johannes an-
betend vor ihm knietl Wie mächtig sausen, auf dem vierten
Blatt, jene vier Reiter mit Bogen, Schwert, Waage und den
Waffen des Todes auf die Erde herab! Wie schmettern jene
vier Engel des Euphrat, auf dem achten Blatt, mit ihren
Schwertern die Mächtigen nnd Stolzen der Erde zu Boden,