42
Buch III.
Italien.
XV. Jahrhundert.
Padua.
139.
zu gelangen. Diese Richtung ist allerdings mit derjenigen
zu vergleichen, welche wir bereits bei den Zeitgenossen des
berühmten Bildhauers Niccola Pisano kennen gelernt haben;
nur zeigt sie sich bei den Paduanern ungleich einseitiger und
in grösserer Ausschliesslichkeit durchgeführt, namentlich schon
in dem Bezugs, dass man hier auch auf jene altchristlichen
Gestaltungen, die aus einer neuen Auffhssungsweise der an-
tiken Kunst hervorgegangen waren, vor der Hand fast keine
Rücksicht mehr nahm. WVas wir gleichzeitig bei den Floren-
tinern des XV. Jahrhunderts von der Nachahmung antiker
Bildungswcise bemerkt haben, war nur als vereinzelte Zu-
fälligkeit zu betrachten, und muss vielleicht schon als ein
direkter Einfluss der paduanischen Schule angenommen werden.
Es hat diese Schule somit vornehmlich das Verdienst,
die reichen Ergebnisse einer früheren, lange vergessenen
Kunstblüthe wieder in die neuere Ausübung derselben ein-
geführt und ihre Benutzung eingeleitet zu haben. Doch
würde man hier vergebens ein tieferes Eingehen auf das
ideale Princip der klassischen Kunst suchen; was die Pa-
duaner der Antike entnahmen, beschränkte sich für's Erste
auf die äussere dekorative Erscheinung, sodann auf die An-
regung zu möglichst plastischer Darstellung der Formen. In
der That besteht ihre Eigenthümlichkeit in einer mehr pla-
stischen als malerischen Auffassungsweise. Die Formen wer-
den strenge und scharf bezeichnet, die Gewandung häußg
ideal nach dem Vorbilde antiker Kostümirung behandelt und
zwar so, dass sie, um die Körperformen bestimmter hervor-
treten zu lassen, meist immer straff angezogen und angespannt
erscheint. Die Anordnung des Ganzen hat nicht selten mehr
etwas Basreliefartiges, als "dass die Gruppen-Anordnung herÄ
vorgehoben wäre. Die Nebendinge bezeugen nicht minder,
vornehmlich in den Architekturen und Ornamenten, ein spe-
cielles Eingehen auf antike Vorbilder, und namentlich scheint
es der antiken Verzierungsweise nachgeahmt, wenn man häufig
lebendige Fruchtgehänge in den Bildern dieser Schule dar-
gestellt findet. Merkwürdig verbunden und gekreuzt mit dem
in der Zeit liegenden Naturalismus, führte jedoch das Studium