Zweites
Capitel.
Oberitalienische
Schulen.
5. 139. Bei den Florentinern war das Studium der Form 1.
vorherrschend auf dem nächstliegenden Wege befolgt worden,
indem man vorzugsweise auf eine Nachbildung der umgeben-
den Erscheinungen des Lebens ausgegangen war. Eine ver-
wandte Richtung zeigt sich gleichzeitig auch in einzelnen
oberitalienischen Malern, z. B. in einem Veroneser Vittore
Pisano, genannt Pisanello (T 1451), Welcher mit Gentile da
Fabriano gemeinschaftlich im Lateran zu Rom malte. Seine
meist schlanken Gestalten haben in Bewegungen und Charak-
teren etwas von der zarten Anmuth der vorhergehenden
Periode, etwa in der Art, des Gentile, womit auch der alter-
thümliche Vortrag übereinstimmt; in seiner Neigung zum
Nachbilden lebendiger Bewegung, zu Verkürzungen u. au per-
spektivischen Problemen steht jedoch Pisanello schon dem
Masaccio näher. Manches von ihm hat. sich zu Verona er- 2-
halten, wie ihm z. B. das Wandgemälde einer Verkündigung
in S. Fermo und eine Tafel in der Galerie des Rathspalastes,
eine hladonna in einem Blumengärtlein sitzend, mit Engeln
und Heiligen, beides anmuthvoll anziehende Werke zu-
geschrieben werden. Die kleinen Bilder mit Geschichten des 3-
h. Bernhard in der Sakristei von S. lilrancesco zu Perugia,
die man ihm gleichfalls zuschreibt, sind ungleich mehr fabrik-
mässig gemacht und rühren wahrscheinlich von Fiorenzo di
Lorenzo her. Später, in seinen berühmten Schaumünzen,
'neigt sich Pisanello noch entschiedener der Art des XV.
Jahrhunderts zu.
Von einer andern Seite als bei den Florentinern wurde 4.
das Studium der Form ergriffen in der Schule von P adlla-
Hier nahm man die Muster antiker Sculptur, in welchen man
jene Formen der Natur bereits künstlerisch aufgefasst und
ausgeführt sah, zum nächsten Vorbilde und Süchte durch
deren Vermittelung insbesondere zu dem vorgesteekten Ziele